BUSKEISMUS

Sitemap        Home     Sitzungsberichte



Bericht

Pressekammer LG Hamburg
Verkündung, Dienstag, den 28. Februar 2006 (Terminrolle)

Rolf Schälike - 28.02.2006

Auch für diesen Bericht gilt, wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach den strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es handelt sich um Verschwörungstheorien.

Verkündungen am Dienstag

Das erste mal ist es mir gelungen, an der Verkündung von Entscheidungen außerhalb eines Freitags teilzunehmen.

In der Regel geht zur Verkündung von Entscheidungen niemand zum Gericht.

Die Anwälte lassen sich bestenfalls den Tenor am Telefon durchsagen, und damit hat es sich. Oder sie warten auf das Schriftstück.

Ich war so vermessen und ging vor ca. zweieinhalb Jahren zur Verkündung, weil ich auf die Entscheidung sehr gespannt war. Damals hatte ich mir eingebildet, dass unsere in der Widerspruchsverhandlung vorgebrachten Argumente Berücksichtigung finden würden und wusste noch nicht, dass die einleitenden Worte vom Vorsitzenden schon die endgültige Entscheidung in sich tragen.

Beim Pförtner gab es keinen Terminplan, in der Geschäftsstelle war die Akte nicht zu finden. Andreas Buske ebenfalls nicht. An der Tür der Geschäftsstelle hing kein Verkündungsplan. Die öffentliche Verkündung fand nicht, wie beschlossen, um 12:00 statt.

Mein Anwalt, Helmuth Jipp, kannte aber trotzdem abends die negative Entscheidung. Erhielt diese telefonisch.

Eine Beschwerde beim Präsidenten des Landgerichts fruchtete nicht, denn dieser behauptete, die öffentliche Verkündung fand statt. Wir ließen uns die Gerichtsunterlagen zusenden. Aus denen war nicht ersichtlich, wann und wo die öffentliche Verkündung stattgefunden hatte. Es gab lediglich einen Vermerk, dass der Tenor um 12:00 noch nicht festgestanden hatte o.ä. - auf die Formulierung möchte ich mich nicht  festlegen - deshalb Verschiebung der Verkündungszeit.

Auf meine Frage, was ich tun könne, um bei einer öffentlichen Verkündung anwesend zu sein, erhielt ich vom Präsidenten bis heute nicht irgend eine Antwort.

Fast drei Jahre vergingen. Am Montag, den 13.02.2006 erschien ich wieder einmal zur Verkündung der Entscheidung in Sachen 324 O 393/05 und konnte nichts dagegen tun, dass keine Verkündung stattfand  und mir mitgeteilt wurde, ich müsste mich am Freitag verhört haben.

Die Beweislastproblematik inzwischen kennend, weiß ich, dass juristisch und damit auch staatsrechtlich gesehen, ich mich verhört habe. Der Anlass und die Sache war es mir nicht wert, möglicherweise wieder für 6 Tage in einer Zelle zu landen.

Das Ganze ist albern. Das gebe ich zu. Für mich hat es eine sehr spezielle Bedeutung.

1984 wurde ich in Dresden zu 7 Jahren Zuchthaus wegen der Verbreitung von 7 Büchern in 13 Fällen und der Formulierung meines Ausreisantrages verurteilt. (Urteil 1984 des Bezirksgerichts Dresden )

Dem damaligen Richter des Bezirksgerichts, den Herrn Hettmann, konnte nach der Wiedervereinigung formell so gut  wie nichts vorgeworfen werden. Ich begreife dies heute immer besser. Denn die Behauptungen in den verbreiteten Büchern waren Tatsachenbehauptungen, welche ich keinesfalls alle beweisen konnte. Außerdem gab es in den Büchern auch falsche Tatsachenbehauptungen.

In meinem Ausreiseantrag formulierte ich den einzigen Grund: "Wegen jahrzehntelanger persönlicher, beruflicher und politische Entwürdigung.. ." Nach der  Stolpe-Entscheidung und dem Recht der Bundesregierung, sich im Persönlichkeitsrecht ebenfalls betroffen zu fühlen, konnte man dem Richter keinen Rechtsbruch vorwerfen. Meine Begründung wäre auch heute wahrheitswidrig im juristischen Sinn.

Richter Hettmann machte aber einen Fehler.

Die Verlesung des Urteils war in einem großen Gerichtsaal geplant. Es kamen über dreißig Freunde, die im Gerichts-Korridor warteten. Ich saß im Keller in einer Sitzzelle.

Die Urteils-Verlesung wurde verschoben in einen kleinen Gerichtssaal, denn die Zuhörer - alles Stasileute - mussten erst organisiert werden. Zum Füllen des großes Saals standen aber nicht ausreichend Beamte zur Verfügung. Dann durfte nur meine Frau und mein Sohn mit rein, und nach der Verkündung des Tenors (der Paragraphen) musste die 'Öffentlichkeit' den Saal verlassen. Die Begründung hörte ich dann allein mit meinem Anwalt, dem Richter, den beiden Schöffen und der Gerichts-Protokollantin.

Dem Richter Hettmann wurde es zum Verhängnis, und er erhielt knapp zehn Jahre später eine kleine Bewährungsstrafe.

Heute, würde ich sagen, umsonst.

Ich möchte keinesfalls das Landgericht Hamburg, erst recht nicht die Pressekammer, mit dem Unrechtssystem der DDR gleichsetzen und vergleichen.

Aber in meinem Kopf, der immer noch lernt, kann ich die damaligen Erfahrungen nicht einfach wegdenken, und der Genuss meines kürzlich gewonnene Bierchens hat noch nicht dazu geführt, dass die Erinnerung wegbleibt.

 

Was habe ich heute bei der öffentlichen Verkündung der Entscheidungen erfahren?

  • Der Verkündungsplan kann an der Tür der Geschäftstelle hängen. Dieser hing nämlich brav an der Geschäftsstellen-Tür. Ich möchte behaupten, dass das nicht immer so war.

  • Dann habe ich nur den Tenor der Entscheidungen zu hören bekommen.

Den Richter Dr. Weyhe nach der öffentlichen Verlesung nach den Gründen befragt, erhielt ich die folgende Auskunft:

  • Bei einer öffentlichen Verlesung wird nur der Tenor der Öffentlichkeit mitgeteilt,

  • es sei denn, eine Partei ist bei der öffentlichen Verlesung dabei.
    Dann wird auch die Kurzfassung der Begründung verlesen.

  • Die endgültige Begründung wird später geschrieben, und den Parteien (Anwälten) zugesandt.

  • Der Termin für eine Berufung beginnt erst nach dem Erhalt der endgültigen Begründung, darf aber 5 Monate nicht überschreiten.

  • Wird innerhalb der 5 Monate keine Begründung der Partei zugesandt, dann muss diese in Berufung gehen und mitteilen, dass die Begründung  fehlt.

Die Öffentlichkeit für die Kurzbegründung ist gewahrt, aber nur bei Anwesenheit einer Partei.

In der DDR wurde die Öffentlichkeit in politischen Äußerungsprozessen ausgeschlossen.

Vom Ergebnis her war es für uns das Gleiche.

Heute interessiert sich kaum eine Partei für die Öffentlichkeit. Viele Kläger wünschen sich diese sogar nicht. Den Anwälten ist es relativ egal. Das Honorar ist öffentlichkeitsunabhängig.

Nochmals möchte ich betonen, dass die DDR eine Diktatur war, und wir in einem Rechtsstaat leben. In der DDR habe ich 10,5 Monate gesessen und hier erst 6 Tage.

Das Bezirksgericht Dresden ist keinesfalls zu vergleichen mit der Pressekammer Hamburg.

     Bitte senden Sie Ihre Kommentare an Rolf Schälike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 14.05.08
Impressum