BUSKEISMUS

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Bericht
Pressekammer LG Hamburg
Sitzung, Freitag, den 17. November 2006

Rolf Schälike - 26.11.2006

Auch für diesen Bericht gilt wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach den strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis der Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es handelt sich um Verschwörungstheorien.

-> Terminrolle 17.11.2006

 

Verkündungen

Für die Verkündung der fünf Urteile saßen alle drei Richter in ihren Roben am Richtertisch.

Ich war der einzige Zuhörer.

Nach fünf Minuten war alles zu Ende.

Zwei Aussetzungsbeschlüsse, ein Beweisbeschluss, Ansetzung eines neuen Verhandlungstermins (Prof. Dr.h.c. Piëch vs. Fokus).

Die Verhandlungen begannen Terminrollen gemäß eine halbe Stunde später.

Ich musste den Saal verlassen. Er wurde bis 10:30 abgeschlossen.

 

Habermas vs. Rowohlt Verlag - "Ich nicht" von Joachim Fest

In Sachen Habermas vs. Rowohlt Verlag (324 O 815/06) wurden wieder einmal Passagen eines Buches verboten.

Der Philosoph Habermas hat vor Gericht erwirkt, dass die Autobiografie des Publizisten Fest nur ohne eine bestimmte Passage erscheinen darf.

Die Argumente des Rowohlt Verlages, vertreten durch den Hausanwalt Hans-Jürgen P. Groth und den kaufmännischren Geschäftsführer Dr. Helmut Dähne, halfen nicht.

Der Kläger reagierte auf die Fest-Memoiren, nachdem die Zeitschrift «Cicero» öffentlich gefragt hatte, ob es sich bei Fests Schilderungen um Habermas handeln könnte.

Die Rowohlt-Vertreter meinten, die umstrittene Passage kursiere schon fünfundzwanzig Jahre, und Habermas habe selbst darüber gelacht. Es gebe niemanden Neues, der durch das Buch auf Habermas gestoßen sei. Der Streit begann nur wegen "Cicero".

Half alles nicht.

Die Einstweilige Verfügung vom 01.11.2006 wurde noch am gleichen Freitag bestätigt. Rowohlt hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Estefania Küster vs. Heinrich Bauer Verlag

Über die Familie Bohlen zu berichten, macht keinen Spaß. Tratsch, Tratsch.

Diese Verhandlung 324 O 699/06 war interessant wegen des erfolgreichen Beklagtenanwalts Dr. Stefan Engels der im JUVE-Handbuch an dritter Stelle stehenden Kanzlei Lovells.

Er obsiegte gegen die Anwältin Frau Dr. Stephanie Vendt der ansonsten in der Pressekammer Hamburg meist obsiegenden Kanzlei Buse, Herberer, Fromm, in welcher auch der bekannte Kanzleranwalt und Hamburger Verfassungsrichter arbeiten:  Michael Nesselhauf.

Die Klägervertreterin nahm den Antrag zurück, die Parteien erklärten das Verfügungsverfahren für erledigt, verzichteten auf die Begründung der Kostenentscheidung und auf Rechtsmittel.

Die Kosten dieses Verfügungsverfahrens fielen der Klägerin zur Last.

Als Kompromiss verpflichtete sich der Antragsgegner, das streitgegenständliche Bild mit Text nicht mehr zu veröffentlichen. Wozu auch?

Der Vorsitzende leitete ein:

... .

Es stellt sich die Frage, ob dieses Foto ein zeitgemäßes Ereignis dokumentiert?

Da haben wir gedacht, wenn  ... dann müssen wir heftig in die Erwägung gehen.

Es ist ein Privatgrundstück ... . Es gibt die eidesstattliche Erklärung, dass die Klägerin schon ausgezogen war.

Danach begann die Diskussion.

Der Vorsitzende:

Wo haben wir das?

Beklagtenanwalt Dr. Engels:

Muss ein ernstes Wort sprechen.

Der Vorsitzende:

Wenn Sie ein ernstes Wort sagen, da müssen wir sagen, dass wir es doch haben.

Anwältin Frau Dr. Vendt:

Wäre gut, wenn es nicht eilig ist. Dann kann es mit der Post verschickt werden.

Beklagtenanwalt Dr. Engels:

Habe eine junge Sekretärin. Traut sich vielleicht nicht.

Richter Zink:

Was uns wirklich nervt, ist, ...  wenn es nicht wirklich eilig ist, dass dann gefaxt wird.

Beklagtenanwalt Dr. Engels:

Die Anklage AG 2. Das ist die weichere.

Der Vorsitzende:

Steckbriefartig, wie gesagt ... .

Beklagtenanwalt Dr. Engels:

Observationsartig.

Habe das im Urteil noch nicht gelesen, deshalb ... .

Danach wird gestritten, wie das Foto entstand und wie die Klägerin bei Bohlen ausgezogen ist.

Der Vorsitzende unerwartet:

Wir möchten sagen, was wir denken.

Wenn das ... .

Mein Gott, das habe ich, muss zurück.

Danach neigen wir dazu, die Einstweilige Verfügung zurückzunehmen nach § 23, Abs. 2.

Die Antragsstellerin wäre beweispflichtig.

Danach begann der Streit um die Kosten.

Der Vorsitzende:

Wir wollen noch genießen, dass wir Sie so nah beieinander haben.

Danach zogen sich die Richter zur Beratung zurück:

Vielleicht fällt uns noch was ein.

Nach der Beratungspause die Überraschung. Der Vorsitzende:

Wir wollen die Einstweilige Verfügung aufheben.

... .

Der Vortrag von Dr. Engels hat hier das Blatt gewendet.

Wir hätten eine detailliertere Eidesstattliche  Versicherung gebraucht. Müssen wir aber nicht beraten.

Wenn sie der Bildzeitung den Tagesplan erzählt, sind wir der Ansicht, dass wir hier vielleicht richtig liegen.

Das war´s.

Der Vergleich, die Rücknahme des Antrages und die Kostenentscheidung waren nur noch Routine.

 

Jörg Wollny vs. Burda Verlag - Menschenwürde nach dem Tod

Jörg Wollny, der Lebensgefährte von Yvonne Wussow, klagte gegen den Burda-Verlag wegen einen Suizid-Verdachtsbericht - 324 O 729/06

Der Klägeranwalt redete viel, der Vorsitzende etwas weniger.

Dafr einig waren sich die Parteien, dass die Berichterstattung die Menschenwürde berührte. Nicht einig waren die Parteien, ob der Kläger aktivlegitimiert ist.

Am besten gebe ich alle meine Notizen wieder.

Der Vorsitzende:

Ja. Hier wackelt die Einstweilige Verfügung auch an zwei Stellen.

Das Persönlichkeitsrecht ist noch einfach.

Ob die Verletzung der Menschenwürde mit der Veröffentlichung einhergeht, oder die Entstellung des Lebens?

Es geht um postmortalen Persönlichkeitsschutz.

Wo die Einstweilige Verfügung nicht wackelt, das ist der Suizidverdacht. Sie wackelt, wenn dieser geäußert wird, es aber keiner war.

Man kann es auch anders sehen. Wollen wir einräumen.

... .

Wenn sie niemanden hat, weshalb soll dann der postmortale Schutz ins Leere gehen?

Wenn es niemanden gibt, dann wie im Erbrecht; Ehemann; Kinder etc.

So knüpft das Gesetz an formale Gesichtspunkte an.

Da wackelt es auch.

Hier würden wir bestätigen.

Da unsere Vergleichsbemühungen nicht fruchten, so schlagen wir eine Unterlassungserklärung sowie Kostenaufteilung vor.

Klägeranwalt Dr. Krüger:

Unterlassungserklärung plus Kostenpflicht beim Antragsgegner.

Was der Verlag sich keinesfalls wünscht, wäre eine Begründung für den Fall, dass es keine nahen Verwandten gibt.

Solche begründeten Entscheidungen kann der Verlag nicht wollen.

Kosten zu verschenken nur aus Angst vor der zweiten Instanz? Geht nicht.

Postmortal ist die Aktivlegitimation nicht an die Erbschaft geknüpft.

Geknüpft ist diese an das Näheverhältnis. Es stellt sich die Frage, wer stand der Frau am nächsten?

Neben dem Sohn nur der Antragsteller.

Sie [Buske] sagen, dass keine nahen Angehörige bestehen. Dann muss die Lücke geschlossen werden, weil solche Rechtsverletzungen postmortal geahndet werden sollen können.

Folgende Frage: Das Lebensbild ist verzerrt dargestellt. Da kann man den Verdacht des Suizids ... .

Hat es nicht geschafft, des armen Benjamin Sorgerecht zu regeln.

Ist davon unabhängig, weil es eine Gelegenheit für die Kammer gibt, Rechtsgeschichte zu schreiben.

Postmortale Verletzung der Menschenwürde.

... .

Jeder Eingriff in den Schutzbereich der  Menschenwürde [muss geahndet werden].

Die klassischen Fälle waren immer die Verzerrung des Lebenslaufs. Leber. Metastasen usw.

Dann Berichte über den finalen Kampf des Lebens.

Das ist eine Eingriff in die Menschenwürde.

Für Ihren [des Beklagtenverterters] Mandanten weniger interessant.

Eine nicht begründete 91 a - Entscheidung ... .

Beklagtenanwalt Herr Henker:

Inhaltlich sehen wir es auch so. Es geht um die Menschenwürde.

Grobe Entstellung des Lebensbildes. Das Thema Krebs hat sie dauernd ... .

Was ich meine, ist die Aktivlegitimation.

Weder bei dem postmortalem Persönlichkeitsrecht, noch ... .

Hätte der Gesetzgeber eine Erweiterung gewollt, hätte er diese auch geschaffen.

Bei Lebensgemeinschaften ist es so bestimmt. Im Mietrecht übernehmen die Lebensgefährten unter bestimmten Voraussetzungen.

Da ist es geregelt, hier nicht.

22 KUG.

Deshalb glaube ich nicht, dass es geht.

Ab wann soll ein Lebensgefährte zugelassen werden?

Dass der Antragsgegner alle Kosten übernimmt, geht nicht.

Klägeranwalt Dr. Krüger:

Es gab immer Angehörige, deshalb hat der BGH sich nicht damit beschäftigt.

Wo ist die Grenze zu ziehen? Das ist die noble Aufgabe des Gerichts.

Beklagtenanwalt Herr Henker:

Es gibt den 13jährigen Sohn.

Klägeranwalt Dr. Krüger:

Der Sohn ist nicht geschäftsfähig. Kann  nicht die Rechte der Mutter übernehmen.

Nur der Vater. Wenn der aber sagt, mache ich nicht.

Richter Zink:

Es ist eine Knirschfrage.

Sie haben gesagt, weil der Artikel sonst sehr schlimm ist.

Das ist nicht der Gegenstand.

Klägeranwalt Dr. Krüger:

Könnte hilfsweise ... .

Richter Zink:

Es ist eine Verdachtsberichterstattung.

Klägeranwalt Dr. Krüger:

Noch dazu rechtswidrig.

Würde aufnehmen ... .  Durch die erweiterte Berichterstattung.

Richter Zink:

Das ist nicht der Punkt, den ich meinte. Ist auch egal.

Klägeranwalt Dr. Krüger:

Freiwillig nicht. Sonst 91a-Regelung mit Begründung.

91a ohne Begründung wäre sinnvoll.

Soll das Gericht entscheiden über die Kosten.

Der Vorsitzende:

Wollen Sie telefonieren?

Beklagtenanwalt Herr Henker:

Ich kann es versuchen.

Klägeranwalt Dr. Krüger:

Eine Unterlassungserklärung, nicht strafbewehrt. Aber keine Kostenaufhebung.

Nach einer Pause der Beklagtenanwalt, Herr Henker:

Kann niemanden erreichen. Tut mir leid.

Die verschiedenen Lösungswege werden diskutiert.

Der Vorsitzende:

Nach dem Stand der Dinge werden wir bestätigen.

22 KUG hat Regeln. Nach dem Tod nur mit Einwilligung der Angehörigen. Der Kläger ist der eingetragene Lebenspartner.

Was Henkel sagt, ist aber auch gewichtig.

Klägeranwalt Dr. Krüger:

Der Gesetzgeber hat nicht gesehen, dass es diese Lücke gibt.

Da muss das Gericht diese schließen.

Der Vorsitzende:

Steht nicht so deutlich da.

Der postmortale Schutz ist eine Ausnahme. Dass man es erweitert, liegt nicht auf der Hand.

Klägeranwalt Dr. Krüger:

Es geht um Menschenwürde, zu derem Schutz der Staat verpflichtet ist.

Richter Dr. Korte:

Es gibt schon Fälle, wo ... ..

Beklagtenanwalt Herr Henker:

Schweigen des Gesetzgebers ist ebenfalls berücksichtigungswürdig.

Klägeranwalt Dr. Krüger:

Jedes Gericht muss bemüht sein, schreiendes Unrecht zu vermeiden.

...

Der Vorsitzende:

Unser letzter Versuch, Rechtsgeschichte zu schreiben, hat auch nicht funktioniert.

Das war das Bild vom Bischof.

Gut, wie auch immer. Der Zivilprozess ist ein Parteienprozess.

....

Die Verkündung einer Entscheidung erfolgt am Freitag, den 24.11.06, 9:55 in diesem Saal.

24.11.06: Die Einstweilige Verfügung vom 16.10.06 wird bestätigt. Der Antragsgegner hat die weiteren Kosten zu tragen.

 

Stolpe-Entscheidung

Der Vorsitzende in Sachen 324 O 527/06

Es ist eine eindeutige Äußerung. Da wollen wir Stolpe nicht strapazieren.

 

An diesem Freitag herausgehörte Leitsätze

 

 

Der Vorsitzende Richter an diesem Freitag im Gerichtssaal [keine wörtlichen Zitate; lediglich Wiedergaben meiner Notizen]

".... dann müssen wir heftig in die Erwägung gehen."

"Wo haben wir das?"

"Wenn Sie ein ernstes Wort sagen, dann müssen wir sagen, dass wir es doch haben."

"Wir wollen noch genießen, dass wir Sie so nah beieinander haben."

"Vielleicht fällt uns noch was ein."

"Hier wackelt die Einstweilige Verfügung auch an zwei Stellen."

"Man kann es auch anders sehen. Wollen wir einräumen."

"Es ist eine eindeutige Äußerung. Da wollen wir Stolpe nicht strapazieren."

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 05.12.06
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