Buskeismus


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Landgericht Hamburg

U R T E I L

Im Namen des Volkes

In der Sache

Geschäfts-Nr.:
324 O 381/02

Verkündet am:
25.04.2003

JAe als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

.......

- Kläger -

g e g e n

.......

- Beklagte -

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24 auf die mündliche Verhandlung vom 07.02.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske, den Richter am Landgericht * , den Richter am Landgericht * für Recht:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen, das Computerspiel "FIFA Fußball Weltmeisterschaft 2002" mit der bildlichen Darstellung und Namensnennung des Klägers zu verbreiten.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 110.000,00 vorläufig vol!streckbar, für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung. Insoweit darf der Kläger die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss: Der Streitwert wird festgesetzt auf € 125.000,00.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Verbreitung und Bewerbung eines Computerspiels, weil er durch diese seine Persönlichkeitsrechte beeinträchtigt sieht.

Der Kläger ist Fußballspieler. Er ist Torwart des in der ersten Fußballbundesliga spielenden Vereins FC Beyern sowie der deutschen Nationalmannschaft.

Die Beklagte vertreibt Computerspiele In zeitlichem Zusammenhang mit der in Süd­korea und Japan im Mai und Juni 2002 ausgetragenen Fußballweltmeisterschaft hat die Beklagte das Computerspiel "FIFA Fußball Weltmeisterschaft 2002“ (Anlage K 1) vertrieben und für dieses in der Zeit von April bis Anfang Juni 2002 mit einem Fern­sehwerbespot (Videoaufzeichnung Anlage K 2) geworben.

Das Computerspiel — Standbilder daraus in Anlagenkonvolut K 3 und Anlagen KE 1 bis 4 — enthält kartographische Angaben zu den Spielorten der Fußballweltmeister­schaft und Nachbildungen der Stadien, in denen die Spiele ausgetragen werden sollten. Eingegeben in das Spiel sind die an der Fußballweltmeisterschaft teilneh­menden Mannschaften. Die Namen der Spieler werden in Mannschaftslisten jeder Mannschaft, die den tatsächlichen für die Weltmeisterschaft gemeldeten Mann­schaften entsprechen — in der Liste der deutschen Mannschaft erscheint daher der Name des Klägers -, zu Beginn des Spieles eingeblendet, und der Spieler kann sich aus diesen Listen die konkrete Aufstellung für jedes Spiel aussuchen. Der Spiel­ablauf sieht vor, dass der Spieler sich eine Mannschaft aussucht, deren Spieler er dann während des Spiels dirigiert. Dabei kann er wählen, ob der Name der Spieler während des Spiels eingeblendet erscheint oder nicht. Im Bild erscheint während des Spiels die jeweilige Spielszene in der Totale, bei Torschüssen auch als Nahaufnahme des Tors, am Ende des Spiels erscheinen einzelne Spieler der siegenden Mann­schaft in Nahaufnahme. Wird in der Aufstellung eines Spiels der deutschen Natio­nalmannschaft der Kläger als Torwart ausgewählt, erscheint die Gestalt eines blon­den Torwartes auf dem Bildschirm.

In dem Werbespot, mit dem das Computerspiel beworben worden ist, erscheint zu­nächst ein grölender Fußballfan. Der Zuschauer wird aufgefordert, "so etwas" zu ver­hindern, dann werden Spielszenen aus dem Computerspiel eingeblendet. Darunter findet sich eine Torszene, in der zu sehen ist, wie ein Torwart auf die (virtuelle) Ka­mera zuspringt, wobei für einen Augenblick sein Gesicht den Bildschirm ausfüllend zu sehen ist.

Auf Abmahnung des Kläger teilte die Beklagte mit, die begehrte UVE nicht abgeben zu wollen.

Der Kläger sieht in der Verbreitung des Spiels und des Werbespots eine Verletzung seines Rechts am eigenen Bild und seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meldung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen,

1. das Computerspiel "FIFA Fußball Weltmeisterschaft 2002“ mit der bildlichen Darstellung und Namensnennung des Herrn Kahn zu verbreiten;

2. mit der bildlichen Darstellung des Herrn * für das Computerspiel "FIFA Fußball Weltmeisterschaft 2002" im Fernsehen Werbung zu treiben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte sieht angesichts des Umstandes, dass sie das Spiel nach Abschluss der Weltmeisterschaft ohnehin nicht mehr vertreiben wolle und auch tatsächlich nicht mehr vertrieben habe, keine Wiederholungsgefahr. Sie ist der Auffassung, dass der Kläger sowohl in dem Spiel als auch in dem Werbespot nicht erkennbar sei. Jeden­falls seien die im Spielverlauf möglichen Auftritte der den Kläger darstellenden Figur von völlig untergeordneter Bedeutung. Der Kläger müsse zudem die Verbreitung sei­nes Bildnisses hinnehmen, weil er absolute, im Hinblick auf die Weltmeisterschaft aber jedenfalls relative Person der Zeitgeschichte sei. Ansprüche aus den geltend gemachten Persönlichkeitsrechten zu erheben, sei dem Kläger verwehrt, weil sie In­haberin der Nutzungsrechte an der Verwertung der Person des Klägers sei und der Kläger selbst jedenfalls sich dieser Rechte vertraglich begeben habe. Die ihr einge­räumten Rechte ergäben sich aus folgenden Vereinbarungen: Der Kläger sei Mitglied der Vereinigung der * e.V. (Beweis: Zeugnis *), abgekürzt * diese sei die kollektive Interessenvertretung der professionellen Fußballspieler gegenüber den Vereinen, sei also als Spielergewerkschaft tätig. Die V* wiederum sei Mitglied der **** (Beweis: Zeugnis *), abgekürzt *. Diese wiederum habe mit der * und der * gemeinsam als "*" bezeichnet, eine als "License Agreement" bezeichnete Vereinbarung vom 10. November 1999 getroffen (Anlage KE 5 in engl. Sprache), die bis zum 9. November 2002 (Ziff. 4.01 der Vereinbarung) gegolten habe, In Ziff. 2.01 (i) der Vereinbarung (Übersetzungsangebot Seite 17 f. der Klager­widerung) sei vereinbart, dass * an * das Recht zum Gebrauch der *** ( gem. Ziff 1. 01 der Vereinbarung interaktive Compu­terspiele) und deren Vermarktung übertrage, soweit deren Nutzung auf gemein­schaftlicher Grundlage und ohne unsachgemäße Herausstellung eines bestimmten Spielers erfolge. * seien nach Ziff. 1.03 der Vereinbarung Namen, Spitznamen, Abbildungen und digitalisierte Bilder aller Fußballspieler, die Mitglieder der regionalen PFA‘s seien. PFA‘s sollen nach Vorbem. B. zur Vereinbarung die Spielergewerkschaften in den einzelnen Ländern sein, die in Anlage A zur Vereinba­rung aufgelistet seien. Daneben enthält die Vereinbarung eine speziell auf die Deutsche Bundesliga bezogene Regelung in Ziff. 8 Satz 2 und 3, wonach * die * in vernünftigem Umfang dabei unterstützen solle, die Rechte hinsichtlich deutscher Spieler von "Die Bundesliga (DBL)" zu erwerben (Satz 2); EA habe gegenwärtig eine exklusive Lizenz bzgl. aller Bundesligaspieler der ersten und zweiten Liga und sei bereit, diese Rechte in Unterlizenz an * oder * zu geben (Satz 3). Nach Angaben der * habe die * den Lizenzvertrag zwischen * und * im Jahre 2001 als rechtsverbindlich anerkannt und die vertragsgegenständlichen Rechte eingeräumt (Beweis: Zeugnis *). Jedenfalls habe * Anteile aus Zahlungen aus diesem Vertrag an die * weitergeleitet und diese habe sie verein­nahmt (Beweis: Zeugnis * und * ) Damit seien vielfältige Aktionen und Maßnahmen zur Interessenvertretung ihrer Mitglieder und damit auch des Klägers gegenüber den Vereinen finanziert worden (Beweis: Zeugnis *). Nach Ziff. 2.04 der Vereinbarung solle * der * eine Liste der Spieler senden, deren Namen und Bild in dem Computerspiel genutzt werden sollen, und * solle innerhalb einer Frist von 30 Tagen mitteilen, wenn einer der Spieler nicht Mitglied einer regio­nalen PFA sei oder dieser nicht die vertragsgegenständlichen Rechte übertragen habe. So sei auch mit dem Namen des Klägers verfahren worden, und die * habe keine Negativmeldung gegeben ( Beweis: Zeugnis *) Die * Inc. habe die Rechte auf sie, die Beklagte, als ihre Tochtergesellschaft, übertragen (Beweis: Zeugnis * ). Zu einer solchen Rechteübertragung sei sie nach Ziff. 10.01 des "License Agreement“ vom 10. November 1999 (Anlage KE 5, letzte Seite) ausdrücklich berechtigt gewesen. Jedenfalls aber sei der Kläger selbst nicht mehr Inhaber der in diesem Prozess geltend gemachten Rechte. Der Vorstandsvorsitzen­de * der FC * AG (Beweis: Zeugnis *), deren Ar­beitnehmer der Kläger sei, habe am 9. September 2002 der Presse mitgeteilt, dass die Persönlichkeitsrechte der in der Fußballbundesliga spielenden Fußballspieler exklusiv bei den Klubs lägen (Beweis: Zeugnis * ) Das sei auch zutreffend, denn die deutsche Fußballbundesliga werde betrieben von der * GmbH, deren einzige Gesellschafterin nach ihrer Satzung (Anlage KE 6 5 1) der * e.V. sei, dessen Mitglieder nach seiner Satzung (Anlage KE 7 § 8) die Vereine der Lizenzligen seien: der * selbst sei Mitglied des * e.V. (Satzung § 3 Nr. 1), dem er Spieler seiner Mitglieder für die Fußballnationalmannschaft abstellt (Satzung § 6 Nr. 3 c). Seinen Geschäftsbereich regele der * durch ein Ligastatut (Satzung § 5 Nr. 1), dessen Bestandteil eine Lizenzord­nung Spieler ("LOS", Anlage KE 9) sei, nach welcher Fußballspieler die Lizenz zum Spielen in der 1. oder 2. Bundesliga aufgrund eines Vertrages mit dem (§ 1 LOS) erhielten. § 6 Nr. 4 LOS laute: "Die Verträge müssen eine Vereinbarung enthalten, wonach der Spieler dem Verein oder der Kapitalgesellschaft oder ihm von ihr beherrschter Gesellschaften die Verwertung seiner Persönlichkeitsrechte über­trägt und erklärt, diese keinem anderen übertragen zu haben. Die Übertragung der Verwertungsrechte bezieht sich auch auf den Bereich aller gegenwärtigen und künftigen technischen Medien und Einrichtungen einschließlich der Multimedia - Anwen­dungen (Internet, Online-Dienste etc.). Dies gilt insbesondere für die vom Verein oder der Kapitalgesellschaft veranlasste oder gestattete Verbreitung von Bildnissen des Spielers als Mannschafts- oder Einzelaufnahmeri in jeder Abbildungsform, besonders auch hinsichtlich der Verbreitung solcher Bildnisse in Form von Spielszenen und/oder ganzer Spiele der Lizenzligamannschaft, um somit durch öffentlich ­und/oder privatrechtliche Fernsehanstalten und/oder andere audiovisuelle Medien die erforderlichen Nutzungen zu ermöglichen und sie dem Ligaverband und dem DFB zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen einzuräumen.“ Da der Kläger in der ersten Bundesliga spiele, müsse er einen Vertrag, mit dem § 6 Nr. 4 LOS Rechnung getragen werde, eingegangen sein und auf diese Weise seine Persönlichkeitsrechte seinem Verein übertragen haben. Das von ihr verbreitete Computerspiel weise eine solche Höhe an technischer Entwicklung und künstlerischer Gestaltung auf, dass sie für seine Verbreitung das Grundrecht der Kunstfreiheit sich in Anspruch nehmen könne.

Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsät­ze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Computerspiels begründet (1.), hinsichtlich des Werbespots unbegründet (2.).

Die Klage ist begründet, soweit der Kläger die Unterlassung der Verbreitung des angegriffenen Computerspiels begehrt. Der Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 823 Abs. 1 und 2,1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG so­wie Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG; denn die Verbreitung des Computerspiels verletzt bei fortbestehender Wiederholungsgefahr (d.) sowohl das Recht des Klägers am eige­nen Bild (a.) als auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers (b.); die gel­tend gemachten Rechte stehen dem Kläger auch nach wie vor zu (c.).

Das Computerspiel enthält eine bildliche Darstellung des Klägers im Sinne von § 22 KUG. Seine Gestalt ist den Anforderungen an die Darstellbarkeit im Rahmen des Computerspiels entsprechend naturgemäß zwar verfremdet, indem sie eher als realistisch gezeichnete Zeichentrickfigur denn als fotografiertes Abbild erscheint; eine hinreichende Ähnlichkeit ist aber auszumachen. Auf eine nähere Erörterung der Ahn­lichkeit der Spielfigur mit der Person des Klägers kommt es indessen nicht an, weil die Erkennbarkeit einer abgebildeten Person auch von dem Umfeld abhängt, in dem die Abbildung erscheint (s. z.B. BGH, Urt. v. 1.12.1999, NJW 2000, S. 2201 f., 2202), so dass es sich bei der von dem Kläger beanstandeten Spielfigur schon des­wegen um ein Bildnis des Klägers handelt, weil die betreffende Gestalt im Computer­spiel ausdrücklich als die Person des Klägers bezeichnet wird und im Spielverlauf auch nur dann in Erscheinung tritt, wenn der Spieler sie als "*" in das Spiel aufnimmt. Auf den Umfang der Verwendung der den Kläger darstellenden Spielfigur in dem Computerspiel kommt es nicht im einzelnen an, wobei allerdings anzumerken ist, dass die Auffassung der Beklagten, dieser Spielfigur komme im Rahmen des Spiels nur geringe Bedeutung zu, angesichts des Umstandes nicht recht nachvoll­ziehbar ist, dass das angegriffene Spiel in Deutschland vertrieben wird und der Klä­ger als Torhüter der deutschen Nationalmannschaft für eine Vielzahl der an dem Spiel interessierten Nutzerkreise gleichsam "der Torwart" schlechthin ist,.

Die Verwendung des Bildnisses des Klägers war nicht nach § 22 KUG rechtmäßig, denn der Kläger hat in diese Verwendung nicht eingewilligt. Eine unmittelbar auf die Verwendung des Bildnisses für das angegriffene Computerspiel gerichtete Einwilli­gung trägt die Beklagte nicht vor. Aber auch eine mittelbare Einwilligung ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht. Schon hinsichtlich der ersten Stufe der von der Beklagten vorgetragenen Rechtekette, wonach der Kläger Mitglied der * sei, ist nicht dargelegt, dass der Kläger allein dadurch, dass er nun Mitglied der * sein mag, dieser bereits Rechte an einer Verwertung seines Bildnisses oder Namens ein­geräumt und sie zur Weiterübertragung dieser Rechte befugt hatte. Hinsichtlich der zweiten Stufe, wonach die VdV wiederum Mitglied der * sei, fehlt es an der Darlegung, dass die *, wenn sie denn überhaupt die regionale PFA für Deutsch­land im Sinne der Vereinbarung zwischen und ist, der Nutzungs­rechte übertragen hätte. (Dafür, dass die * nicht die regionale PFA für Deutsch­land im Sinne der Lizenzvereinbarung ist, spricht im übrigen die Sonderregelung hin­sichtlich der deutschen Fußballbundesliga in Ziff. 8 dieser Lizenzvereinbarung, weil es nicht recht Sinn macht zu vereinbaren, dass * sich darum bemühen wolle, Rechte der * zu verschaffen, wenn nach der übrigen Vereinbarung * ein Computerspiel mit Fußballspielern herstellen darf und die Rechte an den Bundesli­gaspielern bereits haben soll). Das Vorliegen einer solchen Rechteübertragung ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die nach der Lizenzvereinbarung einen Rechtsmangel der * hätte mitteilen müssen und eine solche Mitteilung nicht erfolgt sein mag; denn aus solchen vertraglichen Vereinbarungen kann nicht auf das Vorlie­gen tatsächlicher Sachverhalte geschlossen werden. Die Verwendung des Bildnisses des Klägers war auch nicht nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG rechtmäßig. Danach ist die Verbreitung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte zwar grundsätzlich zulässig, wobei nicht entschieden werden muss, ob der Kläger aufgrund seiner großen Popularität und der Leistungen, die er in sei­nem Beruf erbracht hat, als "absolute Person der Zeitgeschichte" anzusehen ist; denn er ist als Torhüter der deutschen Nationalmannschaft jedenfalls im Hinblick auf die Fußballweltmeisterschaft eine "relative Person der Zeitgeschichte". Fraglich könnte allenfalls sein, ob es sich bei dem angegriffenen Computerspiel um die Wiedergabe des zeitgeschichtlichen Ereignisses "Fußballweltmeisterschaft 2002" handelt im Hinblick darauf, dass nicht reale Spielszenen wiedergegeben werden, sondern solche, die erst der Spieler bestimmt. Auch dies bedarf indessen keiner Vertiefung, weil sich die Unzulässigkeit der Verwertung des Bildnisses des Klägers jedenfalls aus der eine Ausnahme von dem Rechtfertigungsgrund des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG statuierenden Norm des § 23 Abs. 2 KUG ergibt. Denn danach braucht auch eine Person der Zeitgeschichte die Verbreitung ihres Bildnisses nicht hinzunehmen, wenn dem ein berechtigtes Interesse entgegensteht. Ein solches berechtigtes Interesse des Klägers besteht hier darin, dass seine Person durch ihre Verwendung als Spielfigur in dem von der Beklagten vertriebenen Computerspiel für kommerzielle Zwecke der Beklagten vereinnahmt wird. Eine solche ohne Einwilligung des Betroffenen vor­genommene Vereinnahmung der eigenen Person zu werblichen oder kommerziellen Zwecken eines Dritten verletzt das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen, das zu schützen die gesetzliche Regelung in §§ 22, 23 KUG bezweckt; sie braucht von dem Betroffenen daher nicht hingenommen zu werden (s. z.B. Hans. OLG Hamburg, Urt. v. 27.4. 1996, NJW 1996, 5. 1151 ff., 1152; vgl. BGH, Urt. v. 26. 6. 1981, GRUR 1981, S.846ff., 847 f.).

Zur Rechtfertigung der Verbreitung des Bildnisses des Klägers als Bestandteil des angegriffenen Computerspiels kann sich die Beklagte schließlich auch nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG oder die Kunstfreiheit aus Art. 6 Abs. 3 GG berufen, wobei zu ihren Gunsten unterstellt werden kann, dass es sich bei dem Spiel um ein Erzeugnis der Kunst im Sinne dieser Norm handelt. Dahinstehen kann weiter, ob die Beklagte als bloßer Verbreiter des Computerspiels sich auf die Kunstfreiheit berufen kann. Denn auch die Kunstfreiheit wird nicht schrankenlos garantiert, sondern unterliegt wie alle Grundrechte den immanenten Schranken, wonach miteinander kollidierende Grundrechte in der Weise zum Ausgleich zu bringen sind, dass allen grundrechtlich ge­schützten Betätigungen ein möglichst großer Freiraum verbleiben, im Einzelfall aber das eine Grundrecht dem anderen weichen muss, wenn die grundrechtlich ge­schützten Interessen des Betroffenen die des anderen Grundrechtsinhabers wesent­lich überwiegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3. 6. 1987, NJW 1987, S.2661 f.). Da in der Verletzung des Rechts am eigenen Bild zugleich auch eine Verletzung des allgemei­nen Persönlichkeitsrechts des Klägers liegt, dessen konkrete Ausprägung es ledig­lich bildet, kann sich der Kläger seinerseits auf einen Grundrechtsschutz, nämlich den der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG berufen. Die durch diese Grundrechte geschützten Interessen überwiegen vorliegend die von der Beklagten verfolgten Interessen wesentlich. So braucht der Kläger, wie bereits ausgeführt, es grundsätzlich nicht hinzunehmen, dass seine Person zu eigennützigen und zudem kommerziellen Zwecken der Beklagten, mögen diese auch in einer sich künstlerisch manifestierenden Form erfolgen, instrumentalisiert wird. Es kommt hinzu, dass die in der konkreten Konzeption des Spieles liegende Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Klägers keineswegs marginal oder auch nur gering ist. Denn in dem Spiel wird die Person des Klägers gleichsam zu einem willenlosen Werkzeug des Spielers ge­macht, der sie nach eigenem Gutdünken führen und auch zu sinnwidrigen oder gar lächerlichen Aktionen einsetzen kann (etwa indem er die den Kläger darstellende Figur fortwährend Eigentore schießen lässt). Dagegen wäre die künstlerische Frei­heit der Beklagten durch eine Untersagung der Verwendung der Person des Klägers nicht tiefgreifend beeinträchtigt, indem die Funktionsweise des Spiels nicht zwingend davon abhängt, dass eine den Kläger darstellende Person darin auftritt.

Mit der Verbreitung des Computerspiels wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers auch dadurch verletzt, dass sein Name für die seine Person darstellende Spielfigur verwendet wird. Bei dieser Verwendung des Namens des Klägers handelt es sich allerdings nicht um eine Verletzung seines Namensrechts aus § 12 BGB, in­dem diese Norm den Betroffenen nur vor einer unbefugten Nutzung seines Namens schützt, die darin besteht, dass der Name des Betroffenen zur Bezeichnung einer Person verwendet wird, der er nicht zukommt (RG, Urt. v. 3. 12. 1917, RGZ 91, 5. 360 ff., 352). Das ist hier nicht der Fall. In der Nutzung des Namens des Klägers zu kommerziellen Zwecken der Beklagten liegt jedoch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Durch diese Verwendung seines Namens und der damit einher gehenden kommerziellen Vereinnahmung seiner Persönlichkeit hat die Beklagte die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste und damit durch Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG geschützte Befugnis des Klägers verletzt, selbst über Art und Umfang des Gebrauchs des Namens durch andere Bestimmung zu treffen. Diese Befugnis ist Teil des nur dem Namensträger selbst zustehenden Rechts auf geistige und wirtschaftliche Selbstbestimmung und auf freie Entfaltung der Persönlichkeit; denn hierin liegt gegenüber der Nennung des Namens etwa zum Zwecke einer Be­richterstattung eine Ausnutzung des Rufs des Betroffenen zur Förderung eigener materieller Interessen des Verletzers, die dessen Recht verletzt, frei zu entschließen, ob er sein Name als Anreiz für einen Warenverkauf zur Verfügung stellen wolle oder nicht (BGH, Urt. v. 26.6.1981, GRUR 1981, 5.846ff., 847 f. m.w.N.).

Hinsichtlich der fehlenden Einwilligung des Klägers und sonstiger Rechtfertigungs­gründe wird auf die obigen Ausführungen zur Rechtswidrigkeit der Verwendung des Bildnisses des Klägers Bezug genommen.

Der Kläger ist auch Inhaber der in diesem Prozess geltend gemachten Persönlich­keitsrechte. Aus dem — ohnehin mangels Darlegung des konkreten Inhalts des Ver­trages zwischen dem Kläger und seinem Verein nur hypothetischen — Vortrag der Beklagten ergibt sich nicht, dass der Kläger seine Persönlichkeitsrechte in einem solchen Umfang auf Dritte übertragen hätte, dass er an der Geltendmachung des eingeklagten Unterlassungsanspruchs gehindert wäre. Das gilt insbesondere auch dann, wenn der Kläger einen Spielervertrag abgeschlossen haben sollte, der der Re­gelung in § 6 der "Lizenzordnung Spieler" Rechnung trägt. Nicht erörtert werden braucht in diesem Zusammenhang, ob, in welchem Umfang und mit welchen rechtlichen Folgen das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder einzel­ne Bestandteile davon oder aus ihm fließende Ansprüche durch Rechtsgeschäft auf andere Personen übertragen werden können; denn eine der Regelung in § 6 Nr. 4 LOS entsprechende vertragliche Vereinbarung des Klägers mit seinem Verein würde Rechte und Ansprüche der hier in Rede stehenden Art ohnehin nicht betreffen. Eine solche Vereinbarung wäre wie alle vertraglichen Vereinbarungen nach §§ 133,157 BGB auszulegen, wobei Maßstab der Auslegung die erkennbaren Interessen der Parteien wären. Schon daraus ergäbe sich, dass durch eine solche Regelung in dem Spielervertrag eine Rechteeinräumung nur erfolgt wäre, soweit es das Spielgesche­hen in der Bundesliga betrifft. Es ist allerdings zutreffend, dass es im Interesse des Vereins des Klägers und der Betreiber der Bundesliga liegt, die Einwilligung des Klä­gers eingeholt zu haben, um Fernsehrechte an Spielen vergeben oder für Spiele oder den Verein oder die Bundesliga überhaupt mit dem Bild des Klägers werben oder sonst das Spielgeschehen der Bundesliga kommerziell auswerten zu können. Eines weiteren Umfangs der Einwilligung bedürfen Verein und Betreiber der Bundes­liga aber nicht. Umgekehrt liegt es im offensichtlichen Interesse des Klägers, eine weitergehende Einwilligung auch nicht erteilen zu wollen, indem er als berufsmäßig tätiger Fußballspieler ein großes Interesse daran hat, sich die Möglichkeit offen zu halten, die ökonomisch verwertbaren Teile seiner Persönlichkeitsrechte zu Zwecken der Werbung für dritte Unternehmen einzusetzen. Ebenfalls nicht erfasst von einer solchen vertraglichen Vereinbarung wäre zudem das internationale Spielgeschehen; denn dass eine von dem Kläger mit Abschluss eines Spielervertrags erteilte Zustim­mung sich auch darauf beziehen würde, lässt sich aus § 5 Nr. 1 der Satzung des Li­gaverbandes, die dessen Beziehung zum DFB regelt, nicht ableiten. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob ein § 6 Nr. 4 LOS entsprechender Spielervertrag die Verga­be von Lizenzen an ein Computerspiel über die Bundesliga decken würde; das Recht, gegen eine werbliche oder sonstige kommerzielle Vereinnahmung seiner Per­son aus eigenem Recht vorzugehen, soweit es nicht eine evtl. Bewerbung des Spielbetriebs der deutschen Fußballbundesliga betrifft, steht dem Kläger damit in jedem Falle zu.

Die den Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB auslösende Wie­derholungsgefahr ist aufgrund der rechtswidrig erfolgten Verbreitung des angegriffe­nen Computerspiels in der Vergangenheit indiziert. Die damit begründete Vermutung des Bestehens der Wiederholungsgefahr ist nicht widerlegt. Eine Wiederholungsge­fahr mag nicht bestehen in Fällen, in denen der Eingriff in das allgemeine Persön­lichkeitsrecht beendet ist und durch eine einmalige Sondersituation veranlasst war; im Interesse des Rechtsschutzes des Betroffenen, der bereits einmal das Opfer ei­nes Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht geworden ist, müssen an die Widerlegung der Vermutung der Wiederholungsgefahr jedoch hohe Anforderungen gestellt werden (BGH, Urt. v. 8.2. 1994, NJW 1994, 5. 1281 ff., 1283). Danach ist der Umstand, dass das angegriffene Computerspiel anlässlich der Fußballweltmei­sterschaft 2002 verbreitet und diese beendet ist, nicht ausreichend, von einem Han­deln in einer einmaligen Sondersituation auszugehen. Denn es ist nicht nur abstrakt möglich, sondern erscheint — nicht zuletzt vor dem Hintergrund des guten Abschnei­dens der deutschen Mannschaft bei der Weltmeisterschaft 2002 — durchaus nicht unwahrscheinlich, dass anlässlich späterer Meisterschaften (Europameisterschaft 2004, Weltmeisterschaft 2006) unter einem Appell an die "Erinnerung“ an die ver­gangene Weltmeisterschaft das Spiel erneut verbreitet werden wird.

Unbegründet und mithin abzuweisen ist die Klage, soweit der Kläger die Unterlas­sung der Bewerbung des angegriffenen Computerspiels mittels Fernsehwerbespot begehrt. Insoweit steht dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1 und 2,1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit §§ 22,23 KUG oder Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zu, weil es an der den Unterlassungsanspruch auslösen­den Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr fehlt.

Die Wiederholungsgefahr ist nicht gegeben, weil es an einer bereits erfolgten Rechtsverletzung fehlt. Dass das Computerspiel im Fernsehen unter Nennung des Namens des Klägers beworben worden wäre, ist nicht vorgetragen. Aber auch eine Bewerbung mit dem Bildnis des Klägers ist nicht erfolgt. Der Torhüter, der in dem von dem Kläger eingereichten Werbespot zu erkennen ist, ist nicht als der Kläger erkennbar. Es soll eine durch eine rechtswidrige Bildnisverbreitung bewirkte Persön­lichkeitsbeeinträchtigung zwar schon dann vorliegen, wenn der Abgebildete begrün­deten Anlass hat anzunehmen, er könne nach der Art der Abbildung erkannt werden (BGH, Urt. v. 26. 1. 1971, NJW 1971, 5. 698ff., 700); nicht einmal dies aber ist vorliegend der Fall. Denn in dem Werbespot ist die stilisierte Gestalt eines Torhüters zu sehen, deren Gesicht sogar für einen kurzen Augenblick nahezu den ganzen Bild­schirm füllt. Die Gesichtszüge dieser Figur sind erkennbar in Richtung auf einen "Ty­pus" stilisiert; sie weisen keine charakteristischen Einzelheiten auf, die auch nur den Eindruck entstehen ließen, es solle sich um die Abbildung einer bestimmten, tatsäch­lich existierenden Person handeln. Mit der Person des Klägers hat die betreffende Figur — außer ihrer Betätigung als Fußballtorwart (einer allerdings nicht näher be­zeichneten Mannschaft) — lediglich gemeinsam, dass sie blonde Haare hat. Das aber ist kein Merkmal, das für eine Individualisierung als ausreichend angesehen werden könnte.

An einer Erstbegehungsgefahr fehlt es, weil keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass die Bewerbung des Computerspiels künftig mit einem die Person des Klägers identifizierbar wiedergebenden Fernsehspot erfolgen werde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO bzw. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 25 Abs. 2 5. 1 GKG, 3 ZPO.

Buske                                                    xxxx                                             xxxx

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 11.07.05
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