Buskeismus


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Finanzparasiten

Bericht

Urteil mit Kommentaren des Beklagten.

Landgericht Hamburg

U R T E I L

Im Namen des Volkes
 

Geschäftsnummer 324 O 663/06
verkündet am 15.11.2006

In der Sache

MLP Finanzdienstleistungen AG,
vertreten durch den Vorstand,
XXXXXXXXXXXXXXX Wiesloch,

- Antragstellerin -

Prozessbevollmächtigte: RAe XXXXXXXXXXXXXXX, Hamburg,

gegen

Rechtsanwalt XXXXXXXXXXX,

- Antragsgegner -

Prozessbevollmächtige RAe XXXXXXXXXXXXX,

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24
auf die mündliche Verhandlung vom 10.11.2006

durch

den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
den Richter am Landgericht Dr. Weyhe
den Richter am Landgericht Dr. Korte

für Recht:

I. Die einstweilige Verfügung vom 26. September 2006 wird bestätigt.

II. Der Antragsgegner hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Bestand einer einstweiligen Verfügung vom 26. September 2006, durch die dem Antragsgegner verboten worden ist zu verbreiten oder verbreiten zu lassen:

1.) XXXXXXXXXX

2.) XXXXXXXXXX

Die Antragstellerin betreibt ein Unternehmen auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen, das sich auf Akademiker als Kunden spezialisiert hat. Der Vertrieb ihrer Angebote erfolgt über Handelsvertreter, die formell unabhängig sind, die die Antragstellerin aber eng an sich bindet. Der Antragsgegner ist Rechtsanwalt. Er ist Inhaber und administrativer Ansprechpartner des Internetangebots “www.finanzparasiten.de”, auf dem sich kritische Inhalte über Unternehmen des Finanzdienstleistungsbereichs befinden.

In diesem Internetauftritt ist folgender Beitrag verbreitet worden (Anlage Ast 6):

“MLP Finanzdienstleistungen AG
Akademikerdrückerkolonne aus Heidelberg

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX: Gegen Ex-Vorstandschef Bernhard Termühlen wird sogar wegen Bilanzfälschung und Insiderhandel ermittelt.

Die MLP AG hat sich auf leichtgläubige Akademiker spezialisiert, die kein Talent für selbständige Angebotsvergleiche aufweisen und sich von einem inszenierten Business-Gehabe einschmeicheln lassen. XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX Hauptmasche ist das verdeckte Geschäft mit Versicherungsprovisionen. MLP fiel auch durch schwunghaften Handel mit eigenen Aktien auf. Peinlicherweise gerieten die vorgeblich so kompetenten “Finanzberater” selbst in Geldnöte. …”

Die Antragstellerin mochte die angegriffenen Äußerungen nicht hinnehmen. Nach fruchtloser Abmahnung .

hat sie aufgrund ihres am 12. September 2006 bei Gericht eingegangenen Antrags die einstweilige Verfügung erwirkt, gegen die sich der Widerspruch des Antragsgegners richtet.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die einstweilige Verfügung keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe, da eine zeitliche Begrenzung fehle

und der Beschluss nicht erkennen lasse, ob die Verbreitung der inzwischen geänderten Inhalte seiner Seite noch einen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung bilde.

Der Antrag zu 1.) gebe zudem die angegriffene Äußerungen nicht zeichengenau wieder.

Das “Behauptenlassen” bzw. “Verbreitenlassen” von Äußerungen dürfe ihm nicht untersagt werden, weil er ür den Internetauftritt nur in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt im Auftrag anonym bleibender Mandanten verantwortlich zeichne,

auf deren Äußerungsfreudigkeit er keinen Einfluss ausübe. Es fehle an einer Wiederholungsgefahr, denn er habe der Antragstellerin angeboten, die Wiederholung der angegriffenen Äußerung in unmodifizierter Form bei Meidung einer noch zu verhandelnden Vertragsstrafe zu unterlassen (Schreiben des Antragsgegners vom 6.9.2006, Anlage Ast 9 = Schreiben vom 8.9.2006 Ag 2), und auf dieses Angebot sei die die Antragsgegnerin nicht eingegangen.

Er habe die Äußerungen inzwischen modifiziert, die angegriffenen Äußerungen würden in der konkreten Form auch nicht wiederholt werden.

Es fehle des Weiteren ein Verfügungsgrund. Die Antragstellerin habe mit ihrem Antrag zu lange gewartet; es sei kaum anzunehmen, dass sie seinen Internetauftritt so lange nicht wahrgenommen habe, zumal eine Geschäftspartnerin, die XXXXXXX AG, der Antragstellerin schon im April 2006 von dem Internetauftritt erfahren habe.

Die Antragstellerin als juristische Person könne sich auf ein allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht berufen.

Bei den angegriffenen Äußerungen handele es sich um zulässige Meinungsäußerungen, die durch Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt seien. Er verbreite auf seinem Internetauftritt in zulässiger Weise und in satirischer Form Informationen über unzulässiges Gebaren von Finanzdienstleistern. Die mit dem Antrag zu 1.) angegriffene Äußerung sei schon in ihrer Formulierung (”darf man wohl”) als Meinungsäußerung erkennbar, in der Sache bestehe ein Zusammenhang mit dem Hinweis auf ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Antragsstellerin, Termühlen, und es werde auf weitere kritische Berichterstattung über die Antragsstellerin in den der Erstmitteilung beigefügten Links Bezug genommen.

Auch die Anführungszeichen machten die satirische Absicht der Äußerungen klar.

Ähnliche Äußerungen wie die angegriffene seien von Gerichten als zulässig angesehen worden.

Bei der mit dem Antrag zu 2.) angegriffenen Äußerung “Vermögensdelikt” handele es sich um eine satirische Anspielung auf “Vermögensanlage”, bei der Angabe “jede” erkennbar um eine satirische Übertreibung. Soweit seine Äußerungen Tatsachenelemente enthielten, seien diese Tatsachen gegeben. So lasse die Antragsstellerin Lebensversicherungen für Kinder vermitteln, die nach § 159 VVG unwirksam seien (siehe Diskussion in einem Internetforum, Anlage Ag 7).

Die Vergabe von Darlehen an Mitarbeiter erfolge ohne erforderliche Erlaubnis der BaFin und begründe nachteilige Vermögensverfügungen (Pressemitteilung Rechtsanwältin Jakobs vom 27.03.2006, Anlage Ag 13). Die Antragstellerin verspreche auf ihrem Internetauftritt zwar (Anlage Ag 8 ) das Folgende: “Im Durchschnitt hat jeder MLP-Berater im Jahr 2004 über 90.000 Euro verdient. Dieses Einkommen erreicht ein MLP-Berater üblicherweise nach vier Jahren Berufstätigkeit.”; aus dem Geschäftsbericht der Antragsstellerin (Anlahe Ag 9) lasse sich hingegen errechnen, dass die Berater in etwa verdient hätten 2004: € 98.000, 2003: € 56.000, 2002: € 50.000, 2001: € 49.000, wobi noch zu berücksichtigen sei, dass 2004 wegen des bevorstehenden Wegfalls der Steuervergünstigung das “Boomjahr” für Lebensversicherungen gewesen sei. Die Antragstellerin entfalte eine reiche PR-Tätigkeit, mit der sie die Wahrheit kreativ bearbeite. Er verfüge außer der Anklage gegen Termühlen über zahlreiches weiteres Material, dessen Vorlage er anbiete.

Die Antragstellerin sei von den angegriffenen Äußerungen auch gar nicht betroffen, weil sie seit einiger Zeit nur noch unter ihrem Kürzel “MLP” operiere, während in dem Internetauftritt die Namen voll ausgeschrieben seien. Ohnehin könnten betroffen sein nur die für die Antragsstellerin tätigen Mitarbeiter,

nicht aber die Antragstellerin selbst.

Anlass zu Kritik in der beanstandeten Form habe der Namensgeber Lautenschläger der Antragstellerin selbst gegeben, indem er etwa in seinen Memoiren in Bezug auf so genannte “Drücker” geschrieben habe, dass deren Tätigkeit “oft in organisiertem Betrug” ausufere. Zwar haber er für ein strafbares Verhalten der Antragstellerin keine greifbaren Beweise in der Hand,

aber ihr Verhalten sei so tadelnswert, dass es umgangssprachlich als “kriminell” bezeichnet werden dürfe: So beute die Antragstellerin ihre Mitarbeiter aus, indem sie ihnen Startkredite gewähre, die mit den künftigen Provisionen verrechnet werden sollen; da diese aber geringer als erwartet seien, seien die Mitarbeiter

der Antragstellerin finanziell ausgeliefert. Sie habe ihren Vertretern eigene Aktien zum Kauf angeboten, die anschließend fast vollständig an Wert verloren hätten.

Vertriebsmitarbeiter der Antragstellerin versprächen ihren Kunden, mit den Versicherern günstige Konditionen auszuhandeln, tatsächlich aber seien es andere Mitarbeiter der Antragstellerin, die dann mit den Versicherern verhandeln.

Die Führungsebene der Antragstellerin sei von der Ausführungsebene isoliert, so dass etwaige Anweisungen zu kriminellem Verhalten sich der Führungsebene nicht nachweisen ließen; ie Antragstellerin sei straff, nahezu sektenähnlich organisiert. Den neuen Vertriebsmitarbeiter würden bei Anwerbung unerfüllbare Versprechungen gemacht. Dem Vertriebschef Bucher der Antragsstellerin sei während dessen Urlaubsabwesenheit gekündigt und ihm das Büro ausgeräumt worden. Aufgrund dieses Verhaltens sei die Antragsstellerin in einer Vielzahl von Prozessen.

Der Eindruck, die Antragstellerin betrüge ihre Kunden, werde nicht erweckt; Ausdrücke wie “Betrug”, “Vermögensdelikt”, “rechtswidriger Vermögensvorteil” würde auf dem Internetauftritt nicht benutzt.

Für von der Antragstellerin ausgehende Lügen gebe es zahlreiche Beispielsfälle: So werde ihr in der Presse kreative Buchführung vorgeworfen.

1997 bis 2003 habe sie ein lückenhaftes Computerprogramm verwendet, das zulasten ihrer Kunden Kosten unberücksichtigt gelassen habe.

Es gebe einen Dozenten der Antragstellerin, der in einer Schulungsunterlage behaupte, das die Mitarbeiter der Antragstellerin den Kunden gegenüber der Gesellschaft, deren Anlageobjekt er anbiete, vertreten würde, obwohl es zutreffend so sei, dass Mitarbeiter als Handelsvertreter doch die Antragstellerin vertreten. Weiter heißt es in einer Schulungsunterlage der Antragstellerin, in ihrer Zentrale in Heidelberg würden 650 Spezialisten nichts anderes machen, als den Markt zu beobachten; tatsächlich aber seien es sehr viel weniger, etwa drei, möglicherweise auch 27 Marktbeobachter, die bei der Antragstellerin tätig seien.

Die Antragstellerin betreibe ein verdecktes Geschäft mit Versicherungsprovisionen, wie sich aus ihren Schulungsunterlagen ergebe.

Sie habe Kundenanschreiben versandt, in denen fälschlicherweise als Stichtag zur Besteuerung von Lebensversicherungen der 12.März genannt werde.

Sie arbeite mit irreführenden Produktbezeichnungen und verschweige aus taktischen Gründen Alternativangebote. In ihrem Geschäftsbericht finde sich zum Thema Ausbildung eine fehlerhafte Angabe. Sie verbreite fehlerhafte Informationen übr die Wirtschaftlichkeit von Aktienfonds und arbeite mit Bilanztricks über Rückversicherungsgeschäfte.

Überhaupt sei die Antragstellerin übermäßig empfindlich gegen Kritik.

Der Antragsgegner beantragt,

die einstweiligen Verfügungen aufzuheben und den ihr zugrunde liegenden Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Antragstellerin behauptet, dass ihr Pressesprecher M. als erster ihrer Mitarbeiter am 28.August 2006 erstmals von dem Internetauftritt des Antragsgegnsers Kenntnis erlangt habe (eidesstattliche Versicherung M. vom 18.09.2006, Anlage As 11).

Die Staatsanwaltschaft habe zwar gegen ihren damaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Termühlen Anklage wegen unrichtiger Darstellung gem. §§ 331 HGB, 400 AktienG erhoben, sie gewähre ihren Geschäftsstellenleitern und Beratern Vorschüsse, welche mit späteren Provisionen verrechnet würden, und das sehe die BaFin in Abkehr von ihrer bisherigen Rechtspraxis als erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft an,

weshalb sie mit der BaFin in Gspräche über die künftige Gestaltung dieser Angelegenheit getreten sei. Eine Rechtsanwältin, die mehrere für sie, die Antragstellerin, tätige Berater

vertrete, habe wegen dieser Angelegenheit gegen sie Strafanzeige erstattet. Weitere laufende Ermittlungsverfahren gegen aktuelle oder ehemalige Mitglieder von Vorstand oder Aufsichtsrat gebe es aber nicht.

Die für sie als selbständige Handelsvertreter tätigen Berater

vermittelten Versicherungen, Vermögensanlagen und Finanzdienstleistungsprodukte anderer Unternehmen an ihre Kunden und würden dabei nicht von ihr dazu angehalten, falsche Aussagen über die Produkte oder die Provisionen zu treffen (eidesstattliche Versicherung des Vorstandsvorsitzenden der Antragstellerin Schroeder-Wildberg vom 11.9.2006, Ast 4).

Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen, weil sie sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners im Widerspruchsverfahren als zu Recht ergangen erweist.

I. Der Verfügungsantrag ist zulässig. Der Inhalt des - erstrebten wie verhängten - Verbots ist hinreichend konkret umschrieben, denn bei Zugrundelegung der Kerntheorie (s. dazu etwa OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 4.3. 1996, NJW 1996, S. 1071) wird über das Vorliegen etwaiger Verstöße entschieden werden können. Einer zeitlichen Eingrenzung bedürfen Verbote nicht, weil ein auf Unterlassung gerichteter Tenor schon in der Sache nach unter dem Vorbehalt “clausula rebus sic stantibus” steht.

II. Der Verfügungsgrund ist gegeben. Die Antragsstellerin hat mittels der eidesstattlichen Versicherung ihres Mitarbeiters M. glaubhaft gemacht, dass sie erst am 28. August Kenntnis von der Verbreitung der angegriffenen Äußerung durch en Antragsgegner hatte.

Damit hat die Antragstellerin den Unterlassungsanspruch innerhalb der Frist von fünf Wochen ab Kenntnisnahme von der Verletzung geltend gemacht, die die Kammer für den Regelfall als Grenze für die Eilbedürftigkeit ansieht. Dass vor der Antragstellerin Dritte Kenntnis von dem Internetauftritt des Antragsgegners gehabt haben mögen, steht dem nicht entgegen, weil es insoweit auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnisnahme ankommt.

III. Auch der Verfügungsgrund besteht. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Artt, 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG, denn die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen verletzt bei fortbestehender Wiederholungsgefahr das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragsstellerin.

1. Die Antragstellerin ist von den Äußerungen betroffen. Sie verfügt auch als juristische Person des Privatrechts über ein allgemeines Persönlichkeitsrecht, soweit sie in ihrer Funktion betrofen ist (.s. dazu BGH, Urt. v. 26.6.1981, GRUR 1981, S. 846 ff., 847). Da sich die angegriffenen Äußerungen auf die Art beziehen, wie die Antragstellerin ihr Gewerbe ausübt, ist das hier der Fall.

Da die Antragstellerin ausdrücklich mit einem Namen, unter dem sie bekannt ist, benannt wird, ist sie auch selbst betroffen und nicht etwa nur mittelbar über die für sie handelnden Personen.
Der Antragsgegner ist passiv legitimiert. Er hat die angegriffenen Äußerungen über seinen Internetauftritt verbreitet. Wer ihn dazu veranlasst oder ihn dabei unterstützt hat, spielt für seine Eigenschaft als Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB keine Rolle.

2. Die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen verletzt das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin.

Das gilt auch dann, wenn man zugunsten des Antragsgegners davon ausgeht, dass es sich bei den angegriffenen Äußerungen um Meinungsäußerungen handelt. Denn auch die Verbreitung von Meinungsäußerungen ist, wie sich schon aus Art. 5 Abs. 2 GG ergibt, nicht schrankenlos zulässig. Unzulässig ist sie jedenfalls dann, wenn mit der Meinungsäußerung auf ein tatsächliches Geschehen Bezug genommen wird und und die Tatsachen, auf die Bezug genommen wird, in Wahrheit nicht gegeben sind, und auch keine anderen Anknüpfungstatsachen vorliegen. (BVerfG, Beschluss vom 16,7,2003, NJW 2004, S. 277 ff., 278). Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob die Äußerung in satirische Form gekleidet ist. Denn auch satirische Äußerungen sind dann unzulässig, wenn zwar - woran im Lichte von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen - die satirische Einkleidung der Aussage zulässig ist, der satirisch eingekleidete Inhalt aber mit em Anspruch auftritt, auf ein reales Geschehen Bezug zu nehmen, und dieses Geschehen nicht der Wahrheit entspricht (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 10.7.2002, NJW 2002, S. 3767 f.).

Denn die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen durch Verbreitung oder Andeutung unzutreffender Tatsachenbehauptungen wird nicht dadurch geringer, dass die betreffende Verbreitung oder Andeutung in Form einer Satire erfolgt. Dabei ist es derjenige, der die Äußerung verbreitet, der im Streitfall darzulegen und zu beweisen - bzw. im Verfügungsverfahren glaubhaft zu machen - hat, dass die in Bezug genommenen Tatsachen gegeben sind, wenn es sich um für den Betroffenen ehrenrührige Tatsachen handelt; das folgt aus dem Gesichtspunkt des § 186 StGB, der über § 823 Abs. 2 BGB auch für das Zivilrecht Geltung beansprucht (BGH, Urt. v. 12.5.1987, NJW 1987, S. 2225 ff., 2226 f.).

Auf ehrenrührige Tatsachen in diesem Sinne hat der Antragsgegner in den angegriffenen Äußerungen Bezug genommen.

Die mit dem Antrag zu 1.) angegriffene Äußerung “XXXXXXX XXXXXXX” enthält die Aussage, dass die Antragstellerin planmäßig Verhaltensweisen an den Tag lege, die gegen Strafgesetze verstoßen.

Nur bei Zugrundelegung eines solchen Sachverhalts enthält die angegriffene Äußerung für den Durchschnittsleser, auf dessen Verstännis abzustellen ist (BVerfG, Beschl. v. 10.10.1995, NJW 1995, S. 3303 ff., 3305, 3310), überhaupt einen Sinn.

Eine derart herabsetzende Äußerung über ein Wirtschaftsunternehmen ist allenfalls dann zulässig, wenn sie wahr ist.

Dass dies der Fall wäre, hat der Antragsgegner nicht gaubhaft machen können.

Soweit er abstellt auf die Komplexe “Anklage gegen Termühlen”, “Lebensversicherung für Kinder”, “Vergabe von erlaubnispflichtigtigen Darlehen an Mitarbeiter”,

“Versprechen eines Gewinns in tatsächlich nicht erreichbarer Höhe”, “PR-Aktivitäten”, ist in keinem dieser Punkte ein Verhalten beschrieben, aufgrund dessen sich ein strafbares Verhalten der Antragsstellerin tatsächlich ergeben hätte.

Der Antragsgegner hat insoweit zwar noch weitere Verhaltensweisen der Antragstellerin behauptet, die, wären sie unstreitig, als Anknüpfungstatsachen in Betracht kommen könnten.

Sein diesbezüglicher Vortrag ist aber zu wenig substantiiert, um seiner Darlegungslast genügen zu können.

Der Umstand, dass bei der Antragstellerin 1997 bis 2003 ein zu fehlerhaften Ergebnissen führendes Computerprogramm verwendet worden sein mag, bedeutet nicht ohne Weiteres, dass die Antragstellerin ein solches willentlich und wissentlich eingesetzt hätte, wobei hier noch hinzukommt, dass sich die Äußerung des Antragstellers auf aktuelle Vorgänge bei der Antragstellerin beziehen sollen.

Dem schwer nachzuvollziehenden Vortrag des Antragsgegners über Schulungsmaßnahmen der Antragsstellerin lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass hier Mitarbeiter oder Kunden wissentlich belogen und in planmäßiger Weise betrogen werden würden.

Das gleiche gilt für den Vortrag des Antragstellers über einzelne Geschäftsmaßnahmen der Antragstellerin, zumal es an jeglicher Glaubhaftmachung fehlt.

Soweit sich in diesen Vorgängen Anhaltspunkte darauf finden lassen sollten, dass die Antragstellerin sich strafbar gemacht habe, wäre möglicherweise eine Verdachtsberichterstattung zulässig. Von einer solchen (zu den Vorraussetzngen BGH, Urt. v. 7.12.1999, BGHZ 143, 199 ff. = NJW 2000, 1036 f.,1036) sind die von dem Antragsgegner verbreiteten Äußerungen aber weit entfernt.

Hinsichtlich der mit dem Antrag zu 2.) angegriffenen Äußerungen verhält es sich nicht anders. Die Aussagen “XXXXXXX” und “XXXXXXXXXX”, versteht der Durchschnittsleser dahingehend, dass die Antragstellerin ihre Kunden oder Mitarbeiter belüge, ihnen also Umstände mitteile, von denen sie positiv weiß, dass sie unzutreffend sind.

Auch dazu, dass dies der Fall sei - insbesondere für die innere Tatsache (zu inneren Tatsachen s. BGH, Urt. v. 27.4.1951, MDR 1951, S. 404) des Lügens - , hat der Anspruchsgegner nicht glaubhaft gemacht, dass Anknüpfungstatsachen vorlägen.

Dass der Antragstellerin in der Presse “kreative Buchführung” vorgeworfen worden sein mag, ist nicht geeignet, zu belegen, dass die Antragstellerin bewusst Falschbilanzierung vorgenommen hätte.

Dass schließlich der Mitbegründer der Antragsstellerin Lautenschläger in einen Memoiren in Bezug auf “Drücker” geäußert haben mag,  dass deren Tätigkeit oft in “organisierten Betrug” ausufere, kann die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen nicht rechtfertigen.

Insbesondere ist keine “Gegenschlagssituation” gegeben, denn dass Lautenschläger in dieser Weise eine konkrete Person oder gar den Antragsgegner selbst angegriffen hätte, ist weder dargetan, noch ersichtlich.

Auf die Grundrechtsgrantie des Art. 5 Abs. 1 GG kann sich Antragsgegner daher nicht mit Erfolg berufen. Als Wirtschaftsunternehmen muss die Antragstellerin zwar öffentliche Kritik ertragen, insbesondere dann, wenn sie sich solcher Vertriebsformen bedient, wie sie der Antragsgegner dargelegt hat und Kritiker sie aus moralischer Sicht tadelnswert finden könnenю Aber an der Verbreitung von unzutreffenden Tatsachenbehauptungen oder auf solchen fußende Meinungsäußerungen, wie sie den Gegenstand des Verfahrens bilden, besteht kein berechtigtes Interesse, weil derartige Äußerungen keinen Gegenstand einer öffentlichen Diskussion bilden können (vgl. BGH, Urt. v. 16.6.1998, NJW 1998, S. 3047 f., 3048).

3. Die den Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB auslösende Wiederholungsgefahr ist aufgrund der rechtswidrigen Verbreitung der angegriffenemn Äußerungen indiziert. Dieser Satz gilt auch auf dem Gebiet der Persönlichkeitsrechtsverletzung (so ausdrücklich BGH, Urt. v. 8.2. 1994, NJW 1994, S. 1281 ff., 1283). Eine Sondersituation, in der das anders sein könnte, ist schon deshalb nicht gegeben, weil er Antragsgegner die ursprünglich verbreiteten Äußerungen auch nach ihrer Modifizierung in seinem Internetauftritt jederzeit wieder verbreiten könnte.

Die Wiederholungsgefahr hätte nur durch die Abgabe einer hinreichend strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung beseitigt werden können.

Die von dem Antragsgegner angebotene Erklärung genügt diesen Erfordernissen nicht, und zwar schon deswegen nicht, weil sie nicht hinreichend strafbewehrt war. Dazu, sich hierüber auf Verhandlungen mit dem Antragsgegner einzulassen, war die Antragstellerin nicht gehalten.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Buske                        Weyhe                             Korte

 

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 30.06.07
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