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Bericht
Pressekammer LG Hamburg
Sitzung, Freitag, den 30. Juni 2006

Rolf Schälike - 30.06.-09.07.2006

Auch für diesen Bericht gilt,  wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach den strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht,  ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es handelt sich um Verschwörungstheorien.

-> Terminrolle 30.06.2006

 

Öffentlichkeit

Vier Schröder-Termine und das Fußball-WM-Spiel Deutschland-Argentinien in Berlin standen gegeneinander.

Klar war, das Fußball den heutigen Tag bestimmte.

Der letzte Sitzungstermin war angesetzt auf 12:00. Zu dem Schröder-Terminen kam nur ein einziger Journalist.

Die Kanzlei Buse mit Kanzleranwalt Nesselhauf war vollzählig - bis auf Anwalt Dr. Plog - nach Berlin gefahren. Die Kanzlei habe Karten erhalten. Wir erfuhren vom in Hamburg verbliebenen Anwalt Dr. Plog, dass die Finalkarten in Ebay inzwischen für 5.000,00 EUR gehandelt werden.

Dem Vorsitzenden tat der Anwalt leid. Es schien, dass nicht viel fehlte, und die Verhandlung wäre verschoben worden. Der Anwalt beruhigte den Vorsitzenden.

Die Öffentlichkeit bestand aus den vor dem Termin erschienenen Anwälten sowie meiner Person.

Verkündungen

Alle drei Verkündungen wurden ausgesetzt auf den 25.08.06. Kurz und bündig.

Der folgende Beschluss, gefasst am gleichen Tage, wurde nicht verkündet. Sieht die ZPO nicht vor.

Beck vs. Titanic

Am heutigen Freitag, den 30.06.06, erging die Einstweilige Verfügung (Az.: 324 O 440/06) gegen das Satiremagazin Titanic wegen der Veröffentlichung des nebenstehenden Titelbildes.

Wurde natürlich, wie alle anderen Einstweiligen Verfügungen, nicht verkündet.

Erfahren habe ich das aus dem Internet und das Aktenzeichen habe ich vom Gericht erhalten.

Keine gute Idee mit dem Bild, aber auch keine gute Idee, dieses Titelbild als Aufforderung zum Abknallen des SPD-Vorsitzenden zu sehen.

Habe mich mit einer befreundeten Prominenten - wirkungsvoller und ehrlicher als Beck -  unterhalten. Schön fand sie diese "Satire" nicht. Das ist ein Grenzfall, doch klagen?

Titanic wird verlieren, sollte es die Einstweilige Verfügung nicht anerkennen und in Widerspruch gehen. Dafür sorgt schon Stolpe mit seiner Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Stolpe-Entscheidung), welche die endgültige juristisch relevante Deutungsmöglichkeit vor allem dem Betroffenen gewährt. Selbstverständlich nicht ihm persönlich, sondern der ihn vertretenden Kanzlei.

Nebenbei bemerkt, vertreten wird Kurt Beck von der Kanzlei Redeker, Sellner Dahns & Widmaier Rechtsanwälte. Das ist nicht die Kanzlei Buse, welche Schröder vertritt.

Kommentar: Die endgültige Teilung Deutschlands - Christian Frenzel

09.07.06, 9:00: Leserbrief von Hartmuth Pilch:

Versteht das LG Hamburg, dass es in Bayern einen Problembären gab, der in den letzten Wochen die Boulevardpresse prominent beschäftigte?

Zwischen dem Titel und dem Foto besteht kein definierter Zusammenhang.  Das  macht die Umschlagseite lustig.

Aber erfahrungsgemäß passen Titel nicht auf das Prokrustesbett der Hamburger (und auch sonstigen richterlichen) Textlinguistik, und Satire schon gar nicht. Hintergründe werden nicht ermittelt, verheerende Entscheidungen in  10 Minuten aufgrund einseitiger Information gefällt.

 

Schröder gegen Springer sowie den Deutschen Depeschendienst

Inhaltlich handelte es sich um längst bekannte Themen. Schröder wurde stellvertretend vertreten von Anwalt Dr. Plog.

Schröderfamilie mit Frau und Kindern in Rom (324 O 229/06; 324 O 230/06)

Neu für mich waren die Ausführungen des Vorsitzenden, auch Bilder ohne Kinder betreffen schlicht die Eltern-Kind-Situation.

Weil er einmal Kanzler gewesen war, könne man doch nicht verlangen, dass er nur in Alaska Urlaub mache.

Die Anwesenheit des Kindes beim Fotografieren, auch wenn Fotos ohne Kind veröffentlicht werden, stören den unbedarften Umgang zwischen Eltern und Kind. Auch wenn die Familie posiert und vom Personenshcutzbeamten, einem Freund der Familie, fotografiert wird, darf die Presse sich nicht  in das Eltern-Kind-Verhältnis durch Veröffentlichung nicht autorisierter Fotos einmischen.

Damit waren zwei Fälle abgehakt.

Es ging um die gleiche Sache, wie im Prozess am 12.05.06 gegen die Bunte. Wir berichteten darüber ausführlich.

Termin zur Verkündung der Entscheidungen festgelegt auf Freitag, den 21.07.2006, 9:55, Saal 833

21.07.06:

Den beiden Klagen wird stattgegeben.

Der Beklagten wird verboten, die im Tenor näher beschriebenen Fotos zu verbreiten, weil diese die Rechte am eigenen Bild verletzen.

Es sind alles Fotos von der Familie Schröder in Rom. Die Fotos berühren alle die Eltern-Kind-Situation, die nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) besonderen Schutz genießt.

Bei der Abwägung der kollidierenden Rechte - Persönlichkeitsrecht und Recht auf Berichterstattung -  ist dem Recht des Klägers ein höheres Gewicht beizumessen.

Das sei in den beiden Urteilen ausführlich ausgeführt.

Urteil vom 21. Juli 2006 (Geschäfts-Nr. 324 O 229/06)

In der Sache Schröder-Köpf ./. Axel Springer AG erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.6.2006 durch die Richter Buske, Zink, Dr. Weyhe

für Recht:

I.      Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,-- €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre),

    zu unterlassen,

    1. das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Doris Schröder-Köpf und ihre Familie zeigt (Bildunterschrift: „Vor der berühmten Spanischen Treppe stiegen Altkanzler und sein Anhang in eine Pferdekutsche um“);

    und / oder
    b)      das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Doris Schröder-Köpf und ihre Familie zeigt (Bildunterschrift: „Einkaufstrip mit Kinderwagen: Schröders auf dem Weg durch die Altstadt. Sie besuchten auch die noble ‚Galleria Sordi’“);

    und / oder
    c)      das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Doris Schröder-Köpf und ihren Mann zeigt (Bildunterschrift: „Familienurlaub in ‚bella italia’! Altkanzler Gerhard Schröder (61) und Gattin Doris (42) posieren für ein Foto“);

    und / oder
    d)      das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Doris Schröder-Köpf und ihre Familie zeigt (Bildunterschrift: „Schröders, umgeben von Porträtmalern, schauen über eine Balustrade an der Spanischen Treppe auf eine Einkaufsstraße“);

    und / oder
    e)      das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Doris Schröder-Köpf und ihren Mann zeigt (Bildunterschrift: „Trevi-Brunnen oder Petersplatz – wie geht’s weiter, Gerd? Ex-First-Lady Doris blättert im Reiseführer“)

    zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen.

II.     Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 90.000,- € vorläufig vollstreckbar;

Urteil vom 21. Juli 2006 (Geschäfts-Nr. 324 O 230/06)

In der Sache Schröder ./. Axel Springer AG
erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.6.2006 durch die Richter Buske, Zink, Dr. Weyhe

für Recht:

I.      Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,-- €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre),

    zu unterlassen,

    1. das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Gerhard Schröder und seine Familie zeigt (Bildunterschrift: „Vor der berühmten Spanischen Treppe stiegen Altkanzler und sein Anhang in eine Pferdekutsche um“);

    und / oder
    b)      das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Gerhard Schröder und seine Familie zeigt (Bildunterschrift: „Einkaufstrip mit Kinderwagen: Schröders auf dem Weg durch die Altstadt. Sie besuchten auch die noble ‚Galleria Sordi’“);

    und / oder
    c)      das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Gerhard Schröder und seine Frau zeigt (Bildunterschrift: „Familienurlaub in ‚bella italia’! Altkanzler Gerhard Schröder (61) und Gattin Doris (42) posieren für ein Foto“);

    und / oder
    d)      das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Gerhard Schröder und seine Familie zeigt (Bildunterschrift: „Schröders, umgeben von Porträtmalern, schauen über eine Balustrade an der Spanischen Treppe auf eine Einkaufsstraße“);

    und / oder
    e)      das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Gerhard Schröder und seine Frau zeigt (Bildunterschrift: „Trevi-Brunnen oder Petersplatz – wie geht’s weiter, Gerd? Ex-First-Lady Doris blättert im Reiseführer“)

    und / oder
    f)      das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Gerhard Schröder und seine Frau zeigt (Bildunterschrift: „’Buon giorno’ – ein als Legionär verkleideter Römer begrüßt den Altkanzler in der Ewigen Stadt“);

    und / oder
    g)      das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Gerhard Schröder zeigt (Bildunterschrift: das in „Bild“ vom 31. Januar 2006 auf Seite 28 abgedruckte Foto, das Gerhard Schröder und seine Frau zeigt (Bildunterschrift: „Schröder packt an! Der Altkanzler schleppt für Gattin Doris Viktorias Kinderkarre die Spanische Treppe hinauf“)

    zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen.

II.     Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120.000,- € vorläufig vollstreckbar;

 

Schröder, Gazprom sowie das Setzen auf eine Gehaltsliste (324 O 989/05)

Schröder als Kanzler und Putinfreund erhält von Gazprom den Aufsichtsratsposten (324 O 989/05).

Die Springer-Presse verbreitete diese Äußerung, ohne sich von dieser eindeutig zu distanzieren bzw. ohne die dazu erforderliche Recherchen.

Trotzdem hatte die Springer Verlags AG heute vermutlich Glück, denn den Gerichtsbeschluss erhielt zwar nicht die Zeitung, doch deren Anwalt. So etwas ist nicht zulässig. Und der Vorsitzende sagte folgerichtig:

Wir neigen dazu, die Einstweilige Verfügung aufzuheben.

Materiell würden wir diese nicht aufheben, denn durch die offene Frage wird ein ungeheuerlicher Verdacht geäußert.

Frau Richterin Käfer erläuterte:

Für diese Verdachtsbehauptung gebe es keine Verdachtsmomente.

Es ging um die Behauptung, Schröder habe Neuwahlen gewollt wegen eines lukrativen Jobs bei Gazprom. Natürlich reine Spekulation, nicht beweisbar. Da darf nicht gefragt werden, ob Schröder Neuwahlen anstrebte wegen eines lukrativen Jobs in der Wirtschaft.

Es entbrannte eine Diskussion zwischen dem Beklagtenanwalt und den Richtern.

Das hätten doch damals alle so gedacht, versuchte der Beklagtenanwalt Verständnis bei Gericht zu erlangen.

Nein, ich habe nicht so gedacht, erwiderte Frau Richterin Käfer. Man hätte in einer anderen Form darüber spekulieren dürfen.

Dass ein Bundestagsabgeordneter zitiert wurde, spielte ebenfalls keine Rolle.

Trotzdem schlug der Vorsitzende dem Kläger vor, den Antrag zurückzunehmen.

Dr. Plog, jetzt sind Sie dran. Müssen wir darüber entscheiden?

Der Anwalt:

Müsse das erst klären. Habe den Sachverhalt erst hier erhalten.

Ja, ja, die Fußball-Weltmeisterschaft.

Wird der Empfehlung des Gerichts, den Antrag zurückzunehmen, nicht entsprochen, hören wir die Entscheidung am Freitag, den 07.07.2006, 9:55, Saal 833.

07.07.06: Die Verkündung der Entscheidung wurde aufgehoben. Demnach hat Schröder - genauer, sein Anwalt - den Antrag zurückgezogen. Springer obsiegte wohl wegen eines Fehlers des Anwalts, Herrn Nesselhauf.

 

Schlechter sah es aus für den Deutschen Depeschendienst (ddp) (324 O 250/05)

Schröder stehe angeblich auf der Gehaltsliste, obwohl er unentgeltlich arbeite (324 O 250/06).

Zum Sachverhalt:

Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte gegen den Nachrichtendienst ddp Ende April 2206 eine einstweilige Verfügung erwirkt. Schröder wehrte sich gegen die weitere Verbreitung eines Interviews, das der Nachrichtendienst von der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ übernommen hatte.
In dem strittigen Text kam der nordrheinwestfälische FDP-Generalsekretär Christian Lindner zu Wort.
"Die RAG [Die Ruhrkohle AG] versucht offenbar, sich ihren eigenen Börsengang zu erkaufen, indem sie mit [Gerhard] Schröder und [Friedrich] Merz einflussreiche Politiker auf ihre Gehaltsliste setzt."

Der Deutsche Depeschendienst verbreitete diese Äußerung ohne sich von dieser eindeutig zu distanzieren bzw. ohne erforderliche Recherchen bezüglich dieser ungeheuerlichen Frage.

Schröder klagte in dieser schon bekannten Angelegenheit gegen die Agentur, den Verbreiter. Auch gegen den Urheber, den Herrn Angeordneten Lindner. Wir berichteten. Allerdings, ob in der gleichen Sache oder für andere Formulierungen, konnten wir nicht in Erfahrung bringen.

Keine Journalisten im Gerichtssaal. Nicht so wichtig für die Presse.Es ging ja nicht um Westerwelle, sondern lediglich um den FDP-Landeschef, Herrn Lindner. Und noch nicht einmal um ihn persönlich. Er hat sein Fett schon abbekommen am 17.03.2006.

Herr Lindner wurde vom ddp lediglich zitiert mit Äußerungen als Abgeordneter während der Diskussion um Schröder.

Diese Nachrichtenagentur hat alles rechtzeitig und ordnungsgemäß erhalten.

Nur einen Fehler hat sie begangen, den Abgeordneten Lindner zitiert, ohne zu recherchieren und sich vom Inhalt zu distanzieren.

Der Vorsitzende:

Das mit dem Setzen auf die Gehaltsliste sei eine Tatsachenbehauptung, denn das sei überprüfbar.

Es gebe da die Verbreiterhaftung nach Soehring [Jörg Soehring, Presserecht, 3. Aufl.]. So streng wie Soehring wollen wir in der Verbreiterhaftung zwar nicht sein, aber trotzdem ... . Beim Leser bliebe der Eindruck, dass Schröder Gehalt erhalten habe, auch wenn er unentgeltlich berät.

Würde das stimmen mit den Recherchen des Beklagten, so käme die Pressekammer schwer ins Rudern.

Was den geringeren Sorgfaltsmaßstab bei Agenturen betreffe, da wollen wir nicht mitmachen. Gerade die Agenturen privilegieren die Verbreitung und sagen, es ginge um selbst recherchierte Sachen.

Es gebe eine Entscheidung, in welcher es heißt:

Die Anforderungen bei Presseagenturen sind nicht dadurch abgemildert, dass sie täglich mit einer Masse von Nachrichten konfrontiert werden.

Wir hätten schon eine Vorstellung von der Arbeitsweise einer Agentur. Vielleicht fehlt nur ein Halbsatz.

ddp-Anwalt, Herr Webeling:

Das Privileg der Presse seien die Wahrheiten.

Was Agenturen betreffe, so verbreiten diese weiter eine Masse von Nachrichten. Es sei eine solche Masse, welche nicht recherchierbar sei.

Zur Betroffenheit [von Schröder].

Es gebe da den zweiten Nebensatz.

Mehrdeutigkeit könne klargestellt werden. Es handle sich um die Verbreitung eines Fremdzitats. Lindner hätte auch zitiert. Es wurde deutlich gemacht, dass es ein Zitat sei. Lindner habe unscharf formuliert. Es bleibe eine Frage und sei ein offensichtlicher Widerspruch.

Beim Leser bliebe hängen, dass sei ein Zitat eines Politikers.

Die Leser wissen, dass Politiker nicht genau seien.

Distanzierung sei nicht nötig, denn es handle sich um ein Zitat von Lindner.

Fremdzitate haben einen niedrigeren Rang.

Wer sind die Leser von Agenturen? Es sind Redakteure und die Zeitung, die es dann bringt.
Die ddp habe auch zum Thema "unentgeltlich" berichtet.

Der Vorsitzende:

Wenn man sagt, das sei nicht meine Meinung, ist man ´raus aus der Verbreiterhaftung.

Dazu gebe es eine Entscheidung des Verfassungsgerichts.

ddp-Anwalt, Herr Webeling:

Beim fremdem Zitat selbst wäre [gegenüber dem Zitierenden] die Stolpe-Entscheidung eindeutig, [doch in diesem Fall gehe es lediglich um die Verbreitung eines Fremdzitats].

Der Vorsitzende:

Müssen wir das entscheiden?

.....

Wir werden beim Streitwert auf 40.000,00 EUR landen.

Beschlossen und verkündet:

Der Termin zur Entscheidung wird gelegt auf den 25.08.06, 9:55, Saal 833. Die Verkündung wurde mehrmals verschoben.

03.11.2006: Urteil. Der Beklagten wird verboten, zu veröffentlichen etc. Streitwert 40.000,00 EUR

06.02.2007: Berufungsverfahren vor den Hanseatischem Oberlandesgericht 7 U 151/06

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts vom 03.11.06 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 47.000,00 EUR.
Die Revision wird nicht zugelassen. Bericht

 

Beklagter wird nicht vertreten - Kläger nimmt den Antrag trotzdem zurück

Wir erlebten eine juristische Show.

In Sachen 324 O 228/06 klagte Hertel gegen M.I.G. Medien Innovations GmbH, die in der Regel vertreten wird von der Kanzlei Prof. Schweizer.

Auf der Terminrolle stand kein Vertreter. Von der Kanzlei Prof. Schweizer war ein Anwalt in anderer Sache anwesend. Er kannte den Fall nicht, rief in der Kanzlei an und erklärte, auch dort sei der Termin nicht bekannt.

Der Vorsitzende erklärte dem anwesenden Klägervertreter, dass dem Kläger die Rechtsanwaltskosten zugesprochen werden, doch keine Geldentschädigung. Eine Grundlage zur Geldentschädigung werde nicht gesehen. Zwei Verletzungen reichen der Kammer für eine Hartnäckigkeit nicht aus. Bei drei kämen wir ins Grübeln.

Um 11:17 wird festgestellt, dass für die Beklagte trotz ordentlicher Zustellung niemand erschienen sei.

Der Klägervertreter erklärt, er nimmt den Klageantrag zu 1. zurück, stellt den Antrag vom 13.03.2006 nach Maßgabe des eben Erklärten und beantragt ein Versäumnisurteil.

Dies erging Antragsgemäß.

 

Am Beispiel Frau Jürgens entfachte sich eine Diskussion über Tratsch

Sache 324 O 181/06

Neue Frau, neues Baby mit 71? Jürgens dementierte.

So etwa war es zu lesen in der Bunten.

Der Vorsitzende:

Das war eine offene Frage, weil es keinen Grund für diese gebe. Nichts an Informationen stehe dahinter.

Es handle sich um ein privates Gerücht. Überragend sei das Ereignis nicht. Die Klägerin wusste es auch nicht genau. Es wurde gesagt, dass das nicht stimme. Haben ein Statement gebracht.

Es handle sich um die Privatsphäre eng an der Grenze zur Intimsphäre.

Sie sei angeblich Auslöser für die Scheidung von Corina.

Damit wäre auch die Veröffentlichung der Bilder unzulässig.

Der Geldentschädigungsanspruch bestehe. Die verlangten 40.000,00 EUR seien jedoch deutlich überzogen.

Gegenargumente des Anwalts der Bunten:

Was den Scheidungsgrund betrifft, ist nicht er gefragt.
Sie hat sich scheiden lassen. Deswegen hat sie einen Grund.

War sogar beim ZDF, bei Kerner.

Der Öffentlichkeit sei alles bekannt. Auslöser war Frau M. Die Ehe war an den Rand gefahren, das weiß die Öffentlichkeit. Corina hat sich getrennt.

Was das Baby-Gerücht betrifft, so wurde er mit dem Gerücht konfrontiert.

Er wusste, dass er mit den Bunten spreche. Hätte er keine Veröffentlichung gewünscht, hätte er nicht dementieren sollen, sondern sagen, er möchte keine Veröffentlichung.

Er dementierte doch, damit die Öffentlichkeit informiert sei.

Richterin, Frau Käfer:

Geht doch nicht.

Beklagtenanwalt:

Es bliebe doch nichts hängen. Hat ja nein gesagt.

Der Vorsitzende:

Wie sagt man dann in diesem Fall, [ dass keine Veröffentlichung gewünscht werde]?

Kein Kommentar? Dann steht doch in der Bunten: "Kein Kommentar!"

Leidend aussehend setzte er fort:

Könne doch nicht dazu führen, dass ich ihm Unwahres unterstelle.

Richterin, Frau Käfer, erläuterte, sich an den Beklagtenanwalt wendend:

Das hieße, Sie meinen, dass Gerüchte verbreitet werden dürfen, weil es nur Gerüchte seien.

Der Leser müsse das Dementi ernst nehmen. Mache er aber nicht.

98 Prozent der Leser lesen anders. Die sagen, ja würde ich ebenfalls dementieren.

 

Streitwertberechnung

Heute habe ich die krummen Zahlen bei der Streitwertberechnung begriffen.

Die Kammer legte den Streitwert auf 121.105,01 EUR fest.

10.000,00 wegen Unterlassung und 1.105,01 Rechtsanwaltskosten. So habe ich das jedenfalls verstanden. Zu stimmen braucht das nicht.

Beklagtenanwalt dazu:

Geldentschädigung sei für mich ohnehin jenseits von Gut und Böse.

Praktisch habe sich die Unterlassung erledigt. Sei ja in allen Unterlassungsfällen so.

Möchte das Urteil trotzdem schriftlich haben.

Es käme ihm darauf an, die Qualität herauszuschälen, weil es nicht so eindeutig sei. Da  möchte man es schon lesen.

Die Entscheidung wird in äußerster Kürze hören am 18.08.2006, 9:55 im Saal 833.

 

Deutsche Sprache

Den ganzen Tag ging es nur um die deutsche Sprache.

Ist ein Dementi Erlaubnis zu Veröffentlichung?

Die Kammer meint dazu, nein.

Ist eine offene Fragestellung ohne Hintergrund eine Tatsachenbehauptung?

Die Kammer meint dazu, ja.

 

Während der Sitzung herausgehörte interessante Leitsätze

Auch Bilder ohne Kinder - sind die Kinder beim Fotografieren dabei - betreffen schlicht die Eltern-Kind-Situation.

Die Verbreitung falscher (unscharfer) ehrverletzender Zitate ist für eine Presseagentur ohne klarer Distanzierung  verboten.

Offene Fragen dürfen nicht gestellt werden, wenn man nichts hat.

 

Stolpe-Entscheidung

Kam heute direkt nur einmal zur Sprache, und zwar vom Beklagtenanwalt Webeling.

Nicht etwa kritisch, nein, diese sei eindeutig, passe aber nicht auf seinen Fall.

 

Der Vorsitzende Richter an diesem Freitag im Gerichtssaal [keine wörtlichen Zitate; lediglich Wiedergaben meiner Notizen]

Anwalt:
Wir müssen die Perspektive sehen.
Der Vorsitzende:
"Mir kommen die Tränen"

"Würde das stimmen mit den Recherchen des Beklagten, käme die Pressekammer schwer ins Rudern."

"So streng wollen wir in der Verbreiterhaftung nicht gehen."

"Vielleicht fehlt nur ein Halbsatz."

"Bei drei [Verletzungen] kämen wir ins Grübeln"

"Das ist das Schöne."

"Weil er einmal Kanzler gewesen war, könne man doch nicht verlangen, dass er nur in Alaska Urlaub mache."

Bitte senden Sie Ihre Kommentare an Rolf Schälike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 18.05.08
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