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Bericht
HansOLG, Zivilsenat 7, Pressesenat
Verkündung, Dienstag, den 10. April 2007

Rolf Schälike -10.-12.04.2007

Auch für diesen Bericht gilt wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben Besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es handelt sich um Verschwörungstheorien.

Terminrolle - 10.04.07

 

Contergan - "Eine einzige Tablette" - Verkündung

7 U 141/06 (324 O 14/06) Grünenthal ./. Zeitsprung - EV v. 14.02.2006 - die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg mit Ausnahme weniger Filmpassagen aufgehoben.
Der Antragssteller trägt 14/15, der Antragsgegner 1/15 der Kosten - Urteil (pdf)

7 U 142/06 (324 O  62/06) (Schulte-Hillen ./. Zeitsprung) - EV vom 09.02.2006 - das Verbot des Landgerichts Hamburg wurde insgesamt aufgehoben
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens - Urteil (pdf)

7 U 143/06 (324 O 15/06) Grünenthal ./. WDR - EV v. März 2006  - die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg mit Ausnahme weniger Filmpassagen aufgehoben.
Der Antragssteller trägt 14/15, der Antragsgegner 1/15 der Kosten - Urteil - (pdf)

7 U 144/06 (324 O  63/06) (Schulte-Hillen ./. WDR) - EV v. März 2006 - das Verbot des Landgerichts Hamburg wurde insgesamt aufgehoben
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens - Urteil (pdf)

Anwesend waren ca. 20 Journalisten. Von den Parteien erschien kein Anwalt sowie weder die Kläger noch die Beklagten.

Die Sitzung wurde verlegt vom Saal 210 in den Großen Saal A156 des LG Hamburg (Nachbargebäude).

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben verlas alle vier Urteile und gab Kommentare dazu ab.

Das Urteil ist nicht sehr überraschend.

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Der Senat hat bei der Abwägung berücksichtigt, dass es sich bei dem Spielfilm um ein Kunstwerk handelt, welches nicht den Anspruch erhebt, in allen Details die damaligen Ergebnisse dokumentarisch abzubilden.

 

Das OLG hat auf Basis der filmischen Fassung entschieden, in der einige der im Drehbuch vorhandenen und monierten Szenen nicht mehr im Film vorhanden sind.

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Auch die Gegenseite teilweise behaupten konnte.  Einige Szenen, die ursprünglich im Drehbuch vorhanden waren und verboten wurden, seien nicht oder verändert in den Film übernommen worden.

Der Contergan-Hersteller Grünenthal  hat sich im Ergebnis im größeren Umfang obsiegt, als dies hier zu erscheinen vermag.

Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht hat weniger Gewicht, weil kein Mitglied aus der damaligen Zeit mehr in der Firma tätig ist.

Schulte-Hillen hat im Ergebnis obsiegt, - obwohl das OLG das Verbot des Landgerichts in seinem Falle ganz aufhoben wurde - denn er ist nicht mehr erkennbar.

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Die jetzige Hauptperson ist vergleichbar mit einer Romanfigur.

Eine schwere Verzerrung des Bildes des Antragsstellers enthält der Film nicht mehr.

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Fragen wurden keine gestellt.

Anschließend erhielten die Journalisten die folgende Presseerklärung.

 

Presseerklärung HasnOLG

Hanseatisches Oberlandesgericht

Gerichtspressestelle

10. April 2007

„Conterqan-Film"

Hanseatisches Oberlandesgericht ändert Urteile des Landgerichts Hamburg weitgehend ab

Der Pressesenat (7. Zivilsenat) des Hanseatischen Oberlandesgerichts hat als zweite Instanz heute in vier einstweiligen Verfügungsverfahren zum so genannten „Contergan-Film" Urteile verkündet und diese mündlich - wie folgt - kurz begründet.

Firma Grünenthal GmbH

Der Senat hat in den Verfahren der Firma Grünenthal GmbH gegen die Zeitsprung Film + TV Produktion GmbH bzw. den WDR (Aktenzeichen 7 U 141/06 und 7 U 143/06} die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg mit Ausnahme weniger Filmpassagen aufgehoben. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die einstweilige Verfügung zu einer Zeit erging, als der Film noch nicht vorlag und dass einige der Szenen, die ursprünglich im Drehbuch vorhanden waren und verboten wurden, nicht oder verändert in den Film übernommen worden sind. Insofern hat sich die Firma Grünenthal GmbH im Ergebnis in größerem Umfang durchgesetzt, als dies nunmehr den Anschein hat.

Der Senat hat bei seine Abwägung insbesondere berücksichtigt, dass es sich bei dem Spielfilm um ein Kunstwerk handelt, welches nicht den Anspruch erhebt, in allen Details die damaligen Ereignisse dokumentarisch abzubilden. Das der Grünenthal GmbH zustehende Recht der Unternehmenspersönlichkeit ist zudem hier von relativ geringem Gewicht, da die dargestellten Ereignisse bereits rund 40 Jahre zurückliegen und kein Mitglied der Firmenleitung aus der damaligen Zeit noch für das Unternehmen tätig ist. Daher kommt ein Verbot nur dort in Betracht, wo das Unternehmen besonders schwerwiegend in seinem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzt wird.

Der Film enthält in der jetzigen Fassung Szenen, in denen dem Unternehmen zu Unrecht im Zuge der damaligen Auseinandersetzung - insbesondere mit dem Anwalt der Geschädigten - infame und skrupellose Methoden unterstellt werden. Diese Darstellung ist geeignet, die Firma Grünenthal GmbH auch heute noch schwer in ihrem Ansehen zu schädigen. Dies muss sie nicht hinnehmen. Der Senat hat daher das Verbot hinsichtlich dieser Szenen aufrechterhalten.

Eine vergleichbare schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung enthalten die übrigen angegriffenen Passagen des Films nicht.

Schulte-Hillen

In den Verfahren Schulte-Hillen gegen Zeitsprung bzw. WDR (Aktenzeichen 7 U 142/06 und 7 U 144/06) hat der Senat das Verbot des Landgerichts Hamburg insgesamt aufgehoben. Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass das ursprüngliche Drehbuch weitere Szenen mit unwahren Aussagen enthielt, die auf das landgerichtliche Verbot hin nicht in den Film übernommen worden sind. Insoweit hat auch Herr Schulte-Hillen mit seinem Anliegen im Ergebnis zum Teil obsiegt,

Der Senat geht davon aus, dass für einen gewissen Kreis Herr Schulte-Hillen als Urbild der Filmfigur Paul Wegener erkennbar ist, wobei aber bereits durch die andere Benennung der Filmfigur aber auch durch eine Vielzahl anderer Abweichungen deutlich wird, dass es sich bei Paul Wegener um eine eigenständige Figur und nicht um ein Abbild Schulte-Hillens handeln sollte. Insofern ist er vergleichbar mit einer Romanfigur.

Da der Zuschauer trotz der Nennung des Namens des Medikaments Contergan und seines Herstellers nicht erwartet, dass - noch dazu nach Ablauf von rund 40 Jahren - die damaligen Gespräche und Handlungen gleichsam dokumentarisch wiedergegeben werden, führt nicht schon jede Abweichung von der damaligen Realität zu einem Unterlassungsanspruch. Unter Berücksichtigung der verfassungsmäßig garantierten Freiheit der Kunst kann vielmehr nur eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung zu einem Verbot führen.

Eine solche schwere Verzerrung des Persönlichkeitsbildes des Antragstellers enthält der Film nach Ansicht des Senats nicht. Die beanstandeten Szenen werden ohnehin überwiegend vom Zuschauer nicht als realitätsgetreu wahrgenommen und enthalten zudem keine Aussagen, die Herrn Schulte-Hillen (über die Figur des Paul Wegener) schwer herabzusetzen vermögen.

Gegen diese Urteile können keine Rechtsmittel eingelegt werden.

Rückfragen:
Sabine Annette Westphalen
Tel.: 040/42843-2017/Fax: 040:42843-4183
eMail: Pressestelle@olgjustiz.hamburg.de

Wie geht es weiter?

Trotz dieser vier Urteile können der Westdeutsche Rundfunk (WDR) und die Produktionsfirma Zeitsprung den Film in seiner jetzigen Fassung immer noch nicht senden.

Die Sichtweise von Grünethal findet man auf deren Seiten: Juristische Auseinandersetzungen mit dem WDR - Grünenthals Kampf um historische Wahrheit

Der Contergan-Hersteller Grünenthal hat am 16. März 2007 am Hamburger Landgericht, kurz von den Berufungsverfahren vor dem OLG, welche mit der Abweisung der vier Einstweiligen Verfügungen endeten,   zwei weitere Einstweilige Verfügungen gegen den Film erwirkt. Diese haben immer noch Gültigkeit.

Siehe dazu  Pressemappe der Firma Grünenthal vom 16.03.07.

In der Pressemappe der Firma Grünenthal vom 10.04.07 steht:

Trotz dieses Erfolges [der Beklagten] hält Grünenthal einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht für denkbar, um das Urteil des Oberlandesgerichts nochmals überprüfen zu lassen.

Die Firma teilt ebenfalls mit:

Wir haben von Anfang an gesagt, dass es uns um die historische Wahrheit in diesem Film geht. Es ist uns durch unser juristisches Vorgehen bereits gelungen, mehrere unwahre Schlüsselszenen zu korrigieren oder herausnehmen zu lassen. Ungeachtet dieses Urteilsspruches sind wir weiterhin bereit, uns mit den Filmemachern an den Verhandlungstisch zu setzen, da ja noch eine Vielzahl weiterer gerichtlicher Verfahren anhängig sind. Eine solche Gesprächsbereitschaft haben uns auch die Filmemacher signalisiert.

Kommentar [RS]:

Zwei Welten treffen aufeinander: die Welt der Filmemacher und die Welt der Pharmazie_manager.

Tatsache ist, dass viele tausende Opfer von Contergan wurden.

Tatsache ist, es wäre vermeidbar gewesen.

Ich denke vergleichend an meinen Vater. Er war Verlagsleiter des Dietz-Verlages in Berlin. Dieser SED-Verlag produzierte Bücher, war verantwortlich für die materiell-ideologische Versorgung der Parteillehrjahre, und damit mitverantwortlich für die vielen DDR-Verbrechen.

Was würde passieren, Filmemacher kämen auf die Idee, die Rolle des Dietz-Verlages mit einem anders genannten Verlagsleiter zu verfilmen, und diesen Direktor, seiner Frau und seinen Kindern unangenehme, gemeine Charakterzüge zu geben?

Wir die Kinder würden keinesfalls prozessieren. Würde mein Vater noch leben, er würde ebenfalls nicht prozessieren, auch nicht meine Mutter, die stärkste in unserer Familie.

Zu hoch die Achtung vor der Kunstfreiheit, vor dem Recht auf Verselbständigung fremder Sichtweisen, verbunden mit dem Wissen, dass Betrachter, Leser und Kinobesucher das Recht auf die eigene Meinung, den eigenen Genuss sowie das eigene Leben haben.

Es wäre ausgeschlossen, die Entscheidung in die Hände von Richter Andreas Buske legen bzw. der Richterin Frau Dr. Marion Raben anvertrauen zu wollen.

So unterschiedlich sind die Welten zwischen Herrn Schulte-Hillen sowie den Managern von Grünethal auf der einen Seite und unserer Welt der Menschlichkeit.

Was soll das Ganze?

Glauben die Kläger wirklich, über Gerichtsverfahren Falschdarstellungen zu vermeiden?

Woher nehmen die Kläger die Sicherheit her, zu wissen, was richtig ist?

Geht es um andere Dinge?

 

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 12.04.07
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