| 
      Internet-Archive müssen auf nicht mehr zulässige 
		Berichte geprüft werden. 
      
      Der Name des Mörders von Jakub Fiszman muss aus den 
		Internet-Archiven - genannt mit Bezug auf den Mord - verschwinden. 
      Urteil als 
		pdf-Datei 
      
		Verhandlungsbericht 
		03.11.2006 
      Der Kläger nahm seinen Antrag auf Erlass einer 
		Einstweiligern Verfügung im Berufungsverfahren vor dem OLG Hamburg 
		zurück. 
      
       
      Landgericht Hamburg 
      
      URTEIL 
      Im Namen des Volkes 
			
				| Geschäfts-Nr. 324 O 521/06
 | Verkündet am: 07.11.2006
 |  
				| In der Sache 
      R.K.JVA Schwalmstadt., Paradeplatz 5, 34613 Schwalmstadt
 |  |  
				|  | - Antragsteller - 
 |  
				| Prozessbevollmächtigte | Rechtsanwälte Stopp pp. Arnsburger Straße 5, 61184 Karben
 Gz.: 142/06,
 |  
				|  | gegen
 
 |  
				| Berliner Verlag GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Peter Skulimma,
 Karl-Liebknecht-Straße 29, 10178 Berlin
 |  |  
				|  | - Antragsgegnerin - |  
				| Prozessbevollmächtigte | Rechtsanwälte Schertz pp. Kurfürstendamm 53, 10707 Berlin,
 Gz.: 01672 - 06/CS/MO
 |  
				|  |  |  
      erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24auf die mündliche Verhandlung vom 3.11'2006
 
 durch
 
 den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
 den Richter am Landgericht Dr. Weyhe
 den Richter am Landgericht Dr. Korte
 
 für Recht:
 
 
      I     Die einstweilige Verfügung vom 16. August 2006 wird bestätigt.[über den Antragsteller in Zusammenhang mit dem Mord an Jakub Fiszman 
		bei voller Namensnennung zu berichten]
 
      II.   Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens 
		zu 
		tragen. 
      Tatbestand 
      Die Parteien streiten um den Bestand der einstweiligen 
		Verfügung der Kammer vom
		16. August 2006, durch  die  der Antragsgegnerin verboten 
		worden ist, über  den Antragssteller im Zusammenhang mit dem Mord 
		an Jakub Fiszman bei voller Namensnennung zu berichten. 
      Der Antragsteller war  in den 90er Jahren 
		wegen Mordes an  dem Geschäftsmann Jakub Fiszman festgenommen und 
		ist 1998 wegen Mordes zu lebenslanger Haft  mit
		anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Über den Fall, 
		der für erhebliches Aufsehen in Deutschland sorgte, berichteten die Medien bundesweit 
		ausführlich. Die Antragsgegnerin ist die Verlegerin der Tageszeitung "Berliner 
		Zeitung",
		deren Beiträge über  die  Domain
		www.berlinonline.de/berliner-zeitung 
		auch im lnternet verbreitet werden. In  den 90er Jahren wurde  
		in  der Druckausgabe der "Berliner
		Zeitung" unter Nennung des Namens des Antragstellers über die Entführung 
		und
		Ermordung von Jakub Fiszman über die  Festnahme des Antragstellers 
		und dessen
		Sohn und der  anschließenden Verurteilung des Antragstellers zu 
		lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung berichtet. 
		Wegen der  Einzelheiten der
		Berichterstattung wird auf Anlage AS 1 verwiesen. Diese Artikel stellte 
		die Antragsgegnerin auch in das Internet unter der Rubrik „Archiv" ein. 
		Die dortigen Inhalte sind durch eine gezielte Schlagwortsuche kostenlos 
		und ohne vorherige Registrierung auf den Internetseiten der 
		Antragsgegnerin abrufbar. Eine Suchabfrage über die 
		Internetsuchmaschine "Google" führt über eine Trefferliste zu den 
		entsprechenden Links, über die die Artikel zu erreichen sind. Die 
		abgerufenen Artikel erscheinen jeweils unter Angabe des ursprünglichen 
		Erscheinungsdatums und sind mit „Textarchiv" überschrieben. Anfang Juli 
		2006 erhielt der Antragsteller, der selbst nicht über einen 
		Internetanschluss verfügt, durch seinen Prozessbevollmächtigten davon 
		Kenntnis, dass sich die angegriffene Berichterstattung im Internet 
		abrufen ließ (anwaltliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten des 
		Antragstellers in Anlage AS 3). Nach Abmahnung vom 11. Juli 2006 
		entfernte die Antragsgegnerin den Namen des Antragstellers von der 
		Website, eine Unterlassungserklärung gab sie nicht ab. Der Antragsteller 
		hat daraufhin auf seinen Antrag vom 3. August 2006 die einstweilige 
		Verfügung der Kammer vom 16. August 2006 erwirkt, gegen die sich der 
		Widerspruch der Antragsgegnerin richtet. 
      Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dem 
		Antrag fehle es an der Eilbedürftigkeit. Durch die Berichterstattung sei 
		der Antragsteller zudem nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. 
		Er greife hier eine ursprünglich zulässige Berichterstattung an, die 
		nicht durch bloßen Zeitablauf unzulässig werden könne. Die 
		Resozialisierung des Antragstellers sei zudem durch die 
		Berichterstattung nicht gefährdet, da der Antragsteller zur Verbüßung 
		einer lebenslangen Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung 
		verurteilt worden ist und mit seiner baldigen Entlassung aus der Haft 
		oder auch nur der Gewährung von Hafterleichterungen nicht zu rechnen 
		sei. 
      Die Antragsqeqnerin beantragt, 
      die einstweilige Verfügung aufzuheben und den ihr zugrunde liegenden 
		Antrag zurückzuweisen. 
      Der Antragsteller beantragt. 
      die einstweilige Verfügung zu bestätigen. 
      Der Antragsteller ist der Ansicht, dass eine ihn identifizierbar 
		machende Berichterstattung unter vollständiger Namensnennung über die 
		zehn Jahre zurückliegende Tat unzulässig sei und ihn in seinem 
		allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Für die Allgemeinheit bestehe 
		kein berechtigtes Informationsbedürfnis mehr über allgemeine 
		Informationen zu seiner Person. 
      Entscheidungsgründe 
      Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen, weil sie sich auch unter 
		Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegnerin in der 
		Widerspruchsbegründung als zu Recht erlassen erweist. Verfügungsgrund 
		und Verfügungsanspruch sind gegeben. 
      l. Ein Verfügungsgrund im Sinne des 
		§ 935 ZPO liegt vor. Insbesondere 
		ist die Dringlichkeit der Sache nicht deshalb entfallen, weil der 
		Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einen Monat nach 
		Kenntniserlangung von den Beiträgen bei Gericht einging. Ein solcher 
		Zeitraum ist nicht ausreichend, um davon ausgehen zu können, dass der 
		Antragsteller durch zu langes Zuwarten selbst zum Ausdruck bringen 
		würde, dass ihm die Sache nicht dringlich sei. Denn regelmäßig benötigt 
		der Betroffene eine gewisse Zeitspanne ab Kenntnis von der 
		Rechtsverletzung, um Rechtsrat einzuholen, sich die geeigneten 
		rechtlichen Schritte zu überlegen und die erforderlichen
		Mittel zur Glaubhaftmachung heranzuschaffen. Eine gewisse Zeitspanne bis 
		zur Antragstellung ist zudem schon deshalb erforderlich, weil der 
		zukünftige Antragsteller in aller Regel - um auch im Interesse der 
		Gegenseite ein gerichtliches Verfahren eventuell zu vermeiden - den Äußernden 
		zunächst außerprozessual zur Abgabe einer 
		Unterlassungsverpflichtungserklärung aufzufordern hat, wie dies auch 
		hier durch den Antragsteller geschehen ist. 
      II. Auch ein Verfügungsanspruch ist gegeben. Dem Antragsteller steht der 
		geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu aus §§  823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 
		Satz 2  BGB analog in Verbindung mit Artt. 1 Abs. 1, 2  Abs. 1 GG, denn 
		die angegriffene Berichterstattung verletzt bei fortbestehender 
		Wiederholungsgefahr das allgemeine Persönlichkeitsrecht des 
		Antragstellers. 
      1. Die angegriffenen Artikel verletzen das Persönlichkeitsrecht des 
		Antragstellers. Die Berichterstattung bei voller Namensnennung berührt 
		den Schutzbereich seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit 
		Art. 1 Abs. 1 GG. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und 
		die Menschenwürde sichern jedem Einzelnen einen autonomen Bereich 
		privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und 
		wahren kann. Hierzu gehört auch das Recht, in diesem Bereich "für sich 
		zu sein", "sich selber zu gehören" (so schon Arndt, Bespr. v. BGH, NJW 
		1966, S. 2353, in NJW 1967, S. 1845 ff., 1846) und ein Eindringen oder 
		einen Einblick durch andere auszuschließen (BVerfG, Urt. v. 5. 6. 1973, 
		BVerfGE 35, S. 202 ff., 233 ff. - Lebach l, m.w.N.). Es umfasst damit 
		das Verfügungsrecht über Darstellungen der eigenen Person (BVerfG aaO. - 
		Lebach l), das auch dann beeinträchtigt ist, wenn - und sei es 
		wahrheitsgemäß - öffentlich darüber berichtet wird, dass der Betroffene 
		in der Vergangenheit eine Straftat begangen hat. Eine Beeinträchtigung 
		liegt insbesondere in Darstellungen, die die Resozialisierung, mithin 
		die Wiedereingliederung von Straftätern in die Gesellschaft nach 
		Verbüßung der Strafe wesentlich zu erschweren drohen (vgl. BVerfG aaO. - 
		Lebach l; BVerfG, Beschl. v. 25. 11. 1999, NJW 2000, S. 1859 ff., 1860 
		f. - Lebach II). Gerade bei einer Berichterstattung unter voller 
		Namensnennung, wie sie die Antragsgegnerin vorgenommen hat, liegt diese 
		Gefahr nahe. 
      Für die Antragsgegnerin streiten zwar vorliegend die Pressefreiheit, die 
		Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit aus Art. 5 
		Abs. 1 GG. Diese Grundrechte sind schlechthin konstituierend für die 
		freiheitlich-demokratische Grundordnung (BVerfG aaO. - Lebach l, m.w.N.). 
		Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände dieses Einzelfalles hat 
		das Interesse der Öffentlichkeit, 
		etwas über die Person des Antragstellers zu erfahren, indessen hinter 
		seinem Individualinteresse, mit seiner Tat „in Ruhe gelassen" zu werden 
		und so eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen (a.), 
		im Rahmen der erforderlichen Abwägung (b.) zurückzutreten. 
      a. Die angegriffene Berichterstattung 
		gefährdet die Resozialisierung des Antragstellers, weil sie ihn mit 
		seiner Tat erneut an das Licht der Öffentlichkeit 
		zerrt und sich so bereits in der Haftsituation schädliche Wirkungen 
		ergeben können, die eine spätere Wiedereingliederung erschweren. Dem 
		steht nicht entgegen, dass für die Zeit nach Ablauf der lebenslangen 
		Freiheitsstrafe (aa.) eine Sicherungsverwahrung des Antragstellers 
		angeordnet ist (bb.) und eine unklare relative zeitliche Nähe zur 
		Haftentlassung besteht (cc.). Gemäß § 2 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) 
		dient der Vollzug der Freiheitsstrafe ausschließlich der 
		Resozialisierung und dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren 
		Straftaten (§ 2 Satz 1, 2 StVollzG). Schädlichen Folgen des 
		Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken (§ 3 Abs. 2 StVollzG). 
      aa. Das allgemeine Vollzugsziel der Resozialisierung gilt auch für die 
		Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Für den nach §§ 211 Abs. 
		1, 38 Abs. 1 StGB zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten 
		Antragsteller ergibt sich ein Resozialisierungsinteresse aus Art. 2 
		Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 GG, denn auch der verurteilte Mörder 
		muss nach deutschem Recht grundsätzlich die Chance haben, nach Verbüßung 
		einer gewissen Strafzeit - in der Regel nach Verbüßung des gesetzlich 
		angeordneten Mindestmaßes von 15 Jahren, § 57a Abs. 1 StGB - wieder in 
		die Freiheit zu gelangen; bei diesem Grundsatz handelt es sich mithin um 
		ein Gebot mit Verfassungsrang (BVerfG, Beschl. v. 3. 6. 1992, NJW 1992, 
		S. 2947 ff., 2948 -Lebenslange Freiheitsstrafe). Schon nach 
		systematischer Betrachtung des Strafvollzugsgesetzes - und des in § 2 
		normierten Vollzugszieles für die Freiheitsentziehung - bezieht dieses 
		auch die lebenslange Freiheitsstrafe mit ein. Aber auch nach dem Sinn 
		und Zweck der Vorschriften wirkt sich das im Strafvollzugsgesetz 
		gesicherte Resozialisierungsziel für diese Täter aus. Es wird so 
		sichergestellt, dass sie bei einer späteren Entlassung noch 
		lebenstüchtig und wieder eingliederungsfähig sind (BVerfG aaO. - 
		Lebenslange Freiheitsstrafe). Die Vollzugsanstalten sind so auch bei den 
		zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen verpflichtet, 
		auf deren Resozialisierung hinzuwirken und schädlichen Auswirkungen des 
		Freiheitsentzugs
		und damit auch und vor allem deformierenden Persönlichkeitsveränderungen 
		entgegenzuwirken (BVerfG aaO. - Lebenslange Freiheitsstrafe, m.w.N.). 
		Der verurteilte Straftäter muss die Chance erhalten, sich nach Verbüßung 
		seiner Strafe wieder in die Gemeinschaft einzuordnen (BVerfG aaO. - 
		Lebach l). Folgerichtig steht auch dem zu lebenslanger Haft verurteilten 
		Mörder ein Anspruch auf Resozialisierung zu, der stets aktuell ist, mag 
		für den Verurteilten auch erst nach langer Strafverbüßung die Aussicht 
		bestehen, sich auf das Leben in Freiheit einrichten zu dürfen (vgl. 
		BVerfG aaO. - Lebenslange Freiheitsstrafe). 
      bb. Das allgemeine Vollzugsziel der Resozialisierung gilt auch für den 
		Fall, dass gegen den Verurteilten nach § 66 StGB die anschließende 
		Sicherungsverwahrung angeordnet wird, da es sich bei der 
		Sicherungsverwahrung nicht lediglich um einen Verwahrvollzug des 
		gefährlichen Täters im Sinne eines „Wegsperren für immer" handelt. Denn 
		auch im Rahmen der Sicherungsverwahrung ist auf eine Resozialisierung 
		des Untergebrachten hinzuwirken (BVerfG, Urt. v. 5. 2. 2004, NJW 2004, 
		S. 739 ff., 740 - Sicherungsverwahrung). Die Sicherungsverwahrung ist 
		normativ wie tatsächlich geradezu am Resozialisierungsgedanken 
		ausgerichtet (BVerfG aaO., S. 740 - Sicherungsverwahrung): Speziell für 
		den Verurteilten in Sicherungsverwahrung regelt § 129 S. 2 StVollzG, 
		dass ihm zu helfen sei, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. 
		Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Anordnung 
		der Unterbringung ohne zeitliche Obergrenze erfolgt. Damit das Resozialisierungsziel zum Tragen kommt, hat der Gesetzgeber für jedes 
		Vollzugsstadium der Maßregelüberprüfungsregelungen getroffen, die zur 
		Freilassung des Betroffenen führen können. Nach dem Willen des 
		Gesetzgebers ist die Erledigung der Sicherungsverwahrung nach dem 
		Ablauf von zehn Jahren die Regel. Eine Fortdauer ist nur ausnahmsweise 
		gestattet. Der Sicherungsverwahrte kann so bereits vor 
		Vollstreckungsbeginn voraussehen, zu welchen Zeitpunkten sich seine 
		Chance auf Entlassung realisieren kann. Das Gesetz stellt Überprüfungen 
		in jedem Vollzugsstadium der Maßregel sicher, die zur Freilassung des 
		Betroffenen führen können; gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das 
		Gericht vor dem Ende des Strafvollzugs zu prüfen, ob von dem 
		Verurteilten unter Berücksichtigung seiner Entwicklung im Strafvollzug 
		nach Strafende noch eine Gefahr ausgeht, die den Vollzug der 
		Sicherungsverwahrung gebietet (vgl. BVerfG aaO. - Lebenslange 
		Freiheitsstrafe). Nach Beginn der Unterbringung ist im Abstand von 
		höchstens zwei Jahren (§ 67e Abs. 2 StGB) von Amts wegen zu untersuchen, 
		ob der Maßregelvollzug gemäß § 67d Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Sind zehn Jahre der Unterbringung in der 
		Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht gemäß § 
		67d Abs. 3 StGB die Maßregel für erledigt, sofern nicht die 
		qualifizierte Gefahr fortbesteht. Sollte eine Entlassung des Verwahrten 
		dennoch nicht möglich sein, ist anschließend jeweils spätestens vor dem 
		Ablauf von zwei Jahren über die Notwendigkeit weiterer Vollstreckung zu 
		entscheiden (§ 67e StGB; dazu BVerfG aaO. S. 740 - 
		Sicherungsverwahrung). Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass die 
		Vollzugsanstalten im Blick auf die Grundrechte der eine lebenslange 
		Freiheitsstrafe verbüßenden Gefangenen verpflichtet sind, schädlichen 
		Auswirkungen des Freiheitsentzugs, vor allem deformierenden 
		Persönlichkeitsveränderungen, die die Lebenstüchtigkeit ernsthaft in 
		Frage stellen und es ausschließen, dass sich der Gefangene im Falle 
		einer Entlassung aus der Haft im normalen Leben noch zurechtzufinden 
		vermag, im Rahmen des Möglichen zu begegnen (BVerfG aaO. S. 740 - 
		Sicherungsverwahrung). 
      cc. Auch ohne eine relative zeitliche Nähe zur Haftentlassung können die 
		möglichen Folgen eines Berichts über die Straftat eines Verurteilten für 
		sein Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gravierend sein, 
		indem sie zu Stigmatisierung, sozialer Isolierung und einer darauf 
		beruhenden grundlegenden Verunsicherung führen (dazu vgl. BVerfG aaO. - 
		Lebach II). Mit dem Anspruch des Betroffenen, mit seiner Tat „in Ruhe 
		gelassen" zu werden, gewinnt es mit zeitlicher Distanz zur Straftat und 
		zum Strafverfahren zunehmende Bedeutung, vor einer Reaktualisierung 
		seiner Verfehlung verschont zu bleiben (vgl. jüngst BVerfG, Beschl v. 
		13. 6. 2006, NJW 2006, S. 2835 f. m.w.N.). Die Grenze zwischen dem 
		Zeitraum, in dem eine den Täter nennende Berichterstattung als aktuelle 
		Berichterstattung über ein Ereignis von öffentlichem Interesse 
		grundsätzlich zulässig ist, und dem Zeitraum, zu dem wegen 
		Zurück-tretens des berechtigten öffentlichen Interesses eine spätere 
		Darstellung oder Erörterung unzulässig geworden ist, lässt sich nicht 
		allgemein, jedenfalls nicht mit einer nach Monaten und Jahren für alle 
		Fälle fest umrissenen Frist fixieren (so schon BVerfG aaO. - Lebach l; 
		nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls kann bereits nach einem 
		Zeitraum von nur sechs Monaten nach Rechtskraft des Strafurteils die 
		Namensnennung unzulässig geworden sein, s. etwa BGH, Urt. v. 9. 6. 1965, 
		NJW 1965, S. 2148 ff. - Spielgefährtin l). Der maßgebende Zeitpunkt für 
		eine die Resozialisierung gefährdende, unzulässige Berichterstattung 
		unter Namensnennung ist aber jedenfalls erheblich früher anzusetzen, als 
		auf das Ende der Strafverbüßung. § 2 StVollzG gebietet es, vom Beginn 
		der Strafzeit an auf das Vollzugsziel der Resozialisierung hinzuarbeiten. Dem Gefangenen sollen Fähigkeit und Willen 
		zu verantwortlicher Lebensführung vermittelt werden. Er soll es lernen, 
		sich unter den Bedingungen einer freien Gesellschaft ohne Rechtsbruch 
		zu behaupten, ihre Chancen wahrzunehmen und ihre Risiken zu bestehen (BVerfG 
		aaO. - Lebach l). Eine Gefährdung der Resozialisierung ist durch eine 
		Berichterstattung auch dann zu befürchten, wenn die Tat bereits lange 
		Zeit zurückliegt. Gerade ein Mord ist derart persönlichkeitsbestimmend, 
		dass der Mörder mit der Tat praktisch lebenslang identifiziert wird (BVerfG 
		aaO. - Lebach II). Bezogen auf den Antragsteller bedeutet dies, dass in 
		der besonderen Situation der Haft, die seine derzeitige Umwelt 
		darstellt, sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt schädliche Wirkungen für 
		ihn ergeben können. So ist nicht auszuschließen, dass der Antragsteller 
		durch eine mediale Reaktualisierung von seinen Mithäftlingen und den 
		Vollzugsbeamten als Fiszman-Mörder erkannt und er sich aus Furcht vor 
		Missachtung und Ablehnung isolieren wird. In einer Situation, die 
		ohnehin von Isolation geprägt ist, kann ein innerer und äußerer Rückzug 
		des Betroffenen - z.B. durch Einrichtung von Einzelfreistunde, Aufgabe 
		einer Teilnahme an Gruppenveranstaltungen - dazu führen, dass die 
		Resozialisierung scheitert. Eine solche Isolierung kann gerade labilen 
		Naturen den Mut zu neuem Anfang nehmen und sie auf den gleichen Weg 
		zurückwerfen, der sie schon einmal in die Kriminalität führte (s. hierzu BVerfG aaO. - Lebach l). Das aber widerspräche den oben dargelegten 
		Vollzugszielen, wonach auch ein Straftäter wie der Antragsteller ein 
		Recht darauf haben soll, schon während seiner Haftzeit die Erfahrung 
		machen zu können, dass ihn seine Umwelt vorurteilslos wieder aufnimmt. 
      b. Es besteht auch kein vorrangiges, die 
		Interessen des Antragstellers überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an einer Aufrechterhaltung 
		einer solchen Berichterstattung über die nunmehr beinahe zehn Jahre 
		zurückliegende Straftat, durch die der Antragsteller ohne Weiteres 
		identifizierbar gemacht wird. 
      aa. Das Bereithalten der - zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung im 
		Hinblick auf die Nennung des Namens des Antragstellers zulässigen - 
		Artikel durch die Antragsgegnerin auf ihren Internetseiten begründet 
		nunmehr nach Zeitablauf die Gefahr der ständigen Reaktualisierung der 
		Persönlichkeitsrechtsverletzung des Antragstellers, die sich durch jeden 
		Abruf der Berichterstattung erneut realisiert. Die Unzulässigkeit einer 
		solchen Berichterstattung beschränkt die Antragsgegnerin in ihren 
		Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 GG nur geringfügig. Denn die Tat selbst 
		wird dadurch nicht dem Bereich der Gegenstände, über die öffentlich 
		berichtet werden darf, entzogen. Eingeschränkt wird das Recht, über die spektakuläre Tat des Antragstellers 
		zu berichten, nur dadurch, dass er den Lesern nicht durch Nennung 
		seines Namens ohne Weiteres erkennbar gemacht werden darf. Es ist nicht 
		ersichtlich, inwieweit dadurch die Berichterstattungsfreiheit mehr als 
		nur marginal begrenzt würde. 
      bb. Auch der für Fälle der vorliegenden Art aufgebrachte Grundgedanke 
		eines „Archivprivilegs" vermag zu keiner abweichenden Beurteilung zu 
		führen, jedenfalls soweit es um so genannte „Online-Archive" im 
		Internet geht. 
      (a) Es erscheint schon als zweifelhaft, ob es sich bei dem Bereich 
		des Internetautritts der Antragsgegnerin, an dem sich die beanstandete 
		Berichterstattung befand,um ein „Archiv" handelt. Denn für den 
		Internetnutzer handelt es sich bei diesem Bereich letztlich um nichts 
		anderes als einen der Bereiche, unter denen Meldungen aufzufinden sind; der Unterschied zu den Meldungen anderer Bereiche ist 
		lediglich der,
		dass es sich unter den hier vorgehaltenen Meldungen um solche älteren 
		Datums
		handelt. Weshalb aber das schlichte Alter einer Meldung als solches ein 
		taugliches Kriterium sein soll, um das Verbreiten der einen Meldung 
		gegenüber dem einer anderen zu privilegieren, ist nicht einzusehen. Aber auch aus 
		grundsätzlichen Erwägungen heraus, erscheint der Archivgedanke nicht als tragfähig: 
      (b) Auf ein Archivprivileg, das analog dem des § 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG gestaltet wäre, 
		kann sich die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg berufen. Insoweit kann es 
		für die Abwägung der Interessen zwischen der von der Berichterstattung betroffenen 
		Person
		und dem Verbreiter der Berichterstattung nicht darauf ankommen, ob 
		letzterer der
		Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechtes im Sinne des 
		Urhebergesetzes an
		den betreffenden Artikeln ist. Gegen eine analoge Anwendung der 
		urheberrechtlichen Archivregelung spricht zudem, dass für eine solche Privilegierung 
		hier bereits deshalb kein Raum besteht, weil ein Zugriff auf das Archiv 
		der Antragsgegnerin jedermann möglich ist. Die Regelung in § 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG, die den 
		„Archivar" von
		Ansprüchen des Urhebers freistellt, wenn zur Aufnahme in sein Archiv 
		fremdeWerkstücke vervielfältigt werden, findet nicht für jedes Archiv 
		Anwendung. Nach § 53
		Abs. 5 UrhG ist das Archivprivileg insbesondere auf solche Datenbanken 
		beschränkt,
		die nicht mit elektronischen Mitteln zugänglich sind. Diese 
		Ausnahmevorschrift
		kommt bereits dann nicht zum Tragen, wenn das Archiv auch nur von einer 
		Mehrzahl
		von Unternehmensangehörigen genutzt werden kann (BGH, Urt. v. 
		10.12.1998,
		GRUR 1999, S. 325 ff., 327 m.w.N.). Erst recht findet sie keine 
		Anwendung, wenn
		außenstehenden Dritten Zugriff auf das Archiv gewährt wird (BGH, Urt. v. 
		16.1. 1997, GRUR 1997, S. 459 ff., 463 - CB-Infodatenbank l). Das hat 
		seinen Grund darin, dass eine Multiplikatorfunktion mit der bezweckten 
		Beschränkung auf bloße Bestandssicherung nicht zu vereinbaren ist, 
		weshalb auch eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches des § 53 Abs. 2 
		Nr. 2 UrhG nicht angängig ist (vgl. BGH, Urt. v. 10. 12. 1998, GRUR 
		1999, S. 325 ff., 327 m.w.N. - elektronische Pressearchive).
 
      Вiese für das Urheberrecht entwickelten Grundsätze sind es, die gerade 
		dafür sprechen, dass es ein „Archivprivileg" für in das Internet 
		eingestellte ehemals aktuelle Meldungen nicht geben kann, sondern dass 
		ein Medienunternehmen, das sein Archiv - insbesondere durch Gewährung 
		des Zugangs über das Internet - auch für dritte Nutzer zugänglich macht, 
		dafür Sorge zu tragen hat, dass Beiträge, deren Verbreitung nicht oder 
		nicht mehr zulässig ist, gelöscht oder so archiviert werden, dass ihre 
		weitere Verbreitung ausgeschlossen ist. Denn der technische Fortschritt, 
		der die Speicherung und Zugänglichmachung von Daten in immer weiterem 
		Umfang zulässt, darf nicht dazu führen, dass 
		Persönlichkeitsrechtsverletzungen eher hinzunehmen sind (BGH, Urt. v. 
		16. 9. 1966, NJW 1966, S. 2353 ff., 2354; BVerfG, Beschl. v. 9. 10. 
		2002, NJW 2002, S. 3619 ff., 3621; s. auch BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1983, 
		BVerfGE 65, S. 1 ff. = NJW 1984, S. 419 ff., 421 f. - Volkszählung). 
      (c) Im Übrigen wird auch aus den gesetzlichen Regelungen über die 
		Verwaltung von Archivgut deutlich, dass nach gesetzgeberischer Wertung 
		zeitliche Schutzfristen für archivierte Beiträge zu beachten sind, die 
		den Schutz der Persönlichkeitsrechte der von dem Archivgut betroffenen 
		Personen dienen, und dass solche Schutzfristen geradezu zum Wesen des 
		Archivrechts gehören. So darf etwa nach § 5 Abs. 2 BArchG Archivgut, das 
		sich auf natürliche Personen bezieht, erst 30 Jahre nach dem Tode der 
		betroffenen Person durch Dritte benutzt werden; ist das Todesjahr nicht 
		oder nur mit unvertretbarem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist 
		erst 110 Jahre nach der Geburt des Betroffenen. Entsprechende Regelungen 
		enthalten auch die Archivgesetze der Länder (s. z.B. § 5 des 
		Hamburgischen Archivgesetzes v. 21. 1. 1991). Mit derartigen 
		Schutzfristen wird ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen 
		der von den Inhalten des zu archivierenden Schrift- oder Bildguts 
		betroffenen Personen und der Notwendigkeit, kulturell bedeutsames 
		Mediengut dauerhaft zu erhalten und der Öffentlichkeit zur Nutzung zur 
		Verfügung zu stellen, geschaffen. Schon zuvor darf Archivgut genutzt 
		werden, ggf. sind aber die von ihm betroffenen Personen unkenntlich zu 
		machen (s. z.B. auch § 12 Abs. 4 und 5 Stasi-Unterlagen-Gesetz, § 30 BDSG). Auch dies zeigt, dass der Gesetzgeber es als 
		durchaus zumutbar ansieht, wenn ggf. eine nur unter Anonymisierung (§ 3 
		Abs. 6 BDSG) der betreffenden Person erfolgende Verbreitung von 
		Informationen zugelassen wird. 
      Einen allgemeinen Rechtsgedanken, wonach die Verbreitung archivierter 
		Materialien gegenüber der von aktuellen Meldungen in weiterem Umfange 
		generell zulässig wäre, solange die von den Inhalten des Materials 
		betroffenen Personen noch am Leben sind, gibt es damit nicht. 
      d. Damit schuldet die Antragsgegnerin als 
		Störerin Unterlassung. Das Eingreifen von Rechtsfertigungsgründen - etwa 
		wegen eines überwiegenden Interesses der Öffentlichkeit an der Führung gerade des 
		streitgegenständlichen Archivs - ist weder dargelegt noch ersichtlich. 
		Wie ausgeführt, erfüllt die hier praktizierte schlichte öffentliche 
		Bereithaltung älterer, von der Antragsgegnerin selbst erstellter 
		Veröffentlichungen bereits nicht die spezifischen Funktionen eines 
		Archivs, das an dem grundsätzlich berechtigten Interesse ausgerichtet 
		ist, publizistische Erzeugnisse „dem wissenschaftlich und kulturell 
		Interessierten möglichst geschlossen zugänglich zu machen und künftigen 
		Generationen einen umfassenden Eindruck vom geistigen Schaffen früherer 
		Epochen zu vermitteln" (BVerfG, B. v. 14. 7. 1981, NJW 1982, S. 633 ff., 
		634 - zu Pflichtexemplaren). Demnach kann es im vorliegenden Fall auch 
		dahinstehen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang den Betreiber eines 
		derartigen „Archivs" Prüfungspflichten bezüglich ursprünglich 
		rechtmäßiger Veröffentlichungen treffen. 
      3. Die nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB den Unterlassungsanspruch 
		auslösende Wiederholungsgefahr ist aufgrund der eingetretenen 
		Rechtsverletzung indiziert. 
      III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO 
      Buske                                    
		Weyhe                                     
		Korte 
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      Rolf SchäikeDieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 30.04.07
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