BUSKEISMUS

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Bericht
Hanseatisches Oberlandesgericht
Zivilsenat 7

Amtsgericht Hamburg-Mitte

Sitzungen, Dienstag, den 05. Dezember 2006

Rolf Schälike - 05.12.2006

Auch für diesen Bericht gilt wie für alle anderen meiner Berichte: Alles, was hier steht, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Beweisen kann ich nichts; geurteilt nach strengen Regeln der Pressekammer, waren meine Recherchen erbärmlich. Was hier in Anführungszeichen steht, ist nicht unbedingt ein Zitat. Oft verwende ich falsche Zeichensetzung. Habe dafür schon einmal gesessen. Möchte für mangelnde Kenntnis von Grammatik und Syntax nicht noch ein weiteres Mal ins Gefängnis. Was als Zitat erscheinen kann, beruht lediglich auf meinen während der Verhandlung geführten handschriftlichen Notizen. Auch wenn andere Texte, welche nicht in Anführungszeichen stehen, als  Zitate erscheinen, sind es keine, denn beweisen kann ich nichts. Auch Zeugen habe ich nicht. Sowohl Anwälte als auch Richter werden sich an nichts erinnern - sie haben besseres zu tun. Was merkwürdig erscheint, muss von Ihnen nicht unbedingt geglaubt werden. Eine Meinung habe ich nicht; es sind bloß Verschwörungstheorien.

-> Terminrolle 05.12.2006

Spannende Fälle, umstrittene Anwälte                         

Der heutige Dienstag war spannend.

Fünf Verhandlungen vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht.

Anwalt Jipp ging im Namen von 'stern' in Berufung, und verlangte Arbeitsminister Müntefering als möglichen lügenden Zeugen.

Anwalt Schertz ging in zwei Fällen in Berufung und meinte, Buske hätte falsch entschieden als er die Einstweiligen Verfügungen, beantragt von Middelhoff und Jauch, nicht bestätigte.

Beide Anwälte als Beklagtenvertreter von 'stern', vor Gericht auch nicht nur einmal jeweils die Gegenpartei vertretend  - der eine für den 'stern' der andere gegen 'stern' -, interessieren mich nicht nur wegen einem solchen Verstoß gegen das Standesrecht von Anwälten, sondern, weil  beide gemeinsam gegen mich als Betreiber der Site Buskeismus vorgehen.


Zukunftsaussichten
Lurusa Gross, 2006

China, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, macht es uns vor

Schröderanwalt Herr Nesselhauf, gewohnt bei Buske für seine Mandanten zu obsiegen, mochte es verständlicherweise nicht zulassen, für seinen neuen Mandanten, den Europaabgeordneten Vural Öger, zu verlieren. Er ging ebenfalls in Berufung.

Alles spannende Fälle.

Nicht minder spannend schien mir die Verhandlung beim Amtsgerichtsrichter, Dr. Steinmetz in der Sache unseres Umweltministers Sigmar Gabriel gegen den Blog-Betreiber Marcel Bartels zu werden.

 

Sigmar Gabriel vs. Marcel Bartels                         

Die Verhandlung 36A C 253/06 - Sigmar Gabriel vs. Marcel Bartels war die letzte an diesem Tag für den Richter Dr. Steinmetz.

15 Sitzungen standen heute  ab 9:00 Uhr dem Richter Herrn Dr. Steinmetz bevor. Weniger als 15 Minuten pro Sitzung.

Henry Ford, Perfektionist in der Fließbandtechnik und Peter Hartz, Spitzenmanager in Personalfragen müssten vor Neid verblassen, wüssten sie von den Leistungen dieses Richters.

Die uns interessierende Sitzung war auf 13:35 angesetzt. Wir waren eine Stunde zuvor da und konnten uns einstimmten und amüsierten über die sinnigen  Sprüche der in dieser Stunde erlebten sieben Verhandlungen:

"Das ist ja völlig irrsinnig," meinte der Richter zur vierspurigen Kreuzung am Fughafen mit zeitverschobener Grünschaltung der Ampel.

"Das ist eine schöne Eigenschaft. Das meine ich ganz ehrlich, Herr Sajec," lobte Dr. Steinmetz den Taxifahrer, weil er sich auf einen Aufruf als Zeuge meldete.

"Entschuldigen Sie mal, das kann ich gar nicht verstehen." Es war auch unverständlich. Wie konnte die von rechts kommende Taxi schon Grün haben, wenn die beiden linken Sputen der Kreuzung noch Rot hatten und ergänzte:
"Das lassen wir mal so stecken. ... Mir brummt jetzt der Kopf. Vielleicht fahre ich hin und schau mir die Kreuzung an."

Nach dieser schwierigen Verhandlung mit mehreren Zeugen: "Geben Sie mir fünf Minuten zum Ausnüchtern."

Dann ging es um unsere Fußballer aus Bayern. Gleich sechs Klagen mit hohen Streitwerten: "Der Gegenstandswert missfällt mir. ... Werde das nicht mitmachen, dass ich mir über jede Passage Ideen mache, ist es eine Persönlichkeitsrechtsverletzung oder nicht. ... Wenn es zehn sind oder acht und von denen nur vier gelten, dann beträgt der Streitwert nicht 100.000,00 sondern nur 40.000,00? Darauf gehe ich nicht ein. Mein Vorschlag, wir machen 20.000,00. Kosten 1/3 der Kläger, 2/3 die Beklagte."

"Jede Menge Prominente, oder doch nicht. Sind je deren Kinder," meinte der Richter als es um die Kinder von Oliver Kahn ging.

"Zur Vermeidung des weiteren Rechtsstreits ... ," konnte Dr. Steinmetz glücklich diktieren, weil die Parteien sich geeinigt hatten, und setzt fort: "Der Kläger erklärt, er kann sich mit dem Gedanken vertraut machen. ... Nachdem der Beklagte erklärt hat, dass er seine Bauchschmerzen [überwinden kann] ... ."

"Was ist mit Prof. Schweizer? Schwebt zum Höheren?" deutete der Richter seine Probleme mit der Münchener Kanzlei an und meinte zu Recht: "Die Gegenstandwerte ufern in den presserechtlichen Prozessen aus. Bei Mietprozessen oder Verkehrsprozessen sind die Anwälte froh auf Werte von 12.000 zu kommen."

Zum Inhalt sagte dieser Richter überzeugend: "Für beide Seiten keine Musik drin. ... Sie hätten alles einfach mailen können. Kommen aber wohl gern nach Hamburg?"

Die vier Arbeitsstunden machten sich bemerkbar und Richter Dr. Steinmetz war froh: "Oh, die Akte ist wieder da."

Das reichte zur Einstimmung für den mich interessierenden Prozess.

Über die Verhandlung berichtet der Beklagte selbst. Ich ergänze diese einfach mit meinen Notizen.

Die gestrige (05.12.06) Verhandlung der Klage von Sigmar Gabriel gegen "Mein Parteibuch" brachte praktische keine neuen Erkenntnisse. Interessant lediglich die Fortschritte des Gerichtes bezüglich Erkenntnisgewinn zu Internetsachverhalten.

Anwesend war das laut Geschäftsverteilungsplan des AG Hamburg für Medienrecht zuständige Gericht der Abteilung 36a, der Beklagte persönlich, sein Rechtsbeistand Sebastian Wolff-Marting von der Berliner Kanzlei Sewoma, auf der Klägerseite die Anwältin Dr. Christina Kellerhof von der Kanzlei Buse Heberer Fromm, sowie als interessierte Öffentlichkeit Buskeismus-Forscher und Publizist Rolf Schälike, Netzgärtner Kurt sowie PsykoMan Thomas Horn.

Der Richter wirkte freundlich, gelöst und schien unvoreingenommen zu sein. Er selbst sowie die Klägervertreterin konnten sich beim Anblick des Streitgegenstandes ein Grinsen nicht verkneifen.

Richter Dr. Steinmetz:

Es geht um eine Foto, welches unseren jetzigen Umweltminister zeigt. "Ich will auch zu den Nutten, Herr Hartz."

Ätschi-bätschi, so geht das nicht, [sagt der Minister], und möchte jetzt die Kosten von Ihnen erstattet bekommen.

Der vorsitzende Richter tendierte dazu, das Bild als Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen und nicht wie der Beklagtenanwalt Sebastian Wolff-Marting im Rahmen der Kunstfreiheit erlaubte Satire.

Richter Dr. Steinmetz:

Sie sagen, es sei Satire und kein Mensch denke dabei, Herr Gabriel möchte wirklich zu den Nutten.

Hat aber keinen Bezug zu seiner Tätigkeit. Er war im Aufsichtsrat. Wenn es Anklang hätte. Man schmunzelt.

Ex-Bundeskanzler Kohl hätte das achselzuckend über sich ergehen lassen.

Ob es reine Satire ist, weiß ich nicht. Kann man lachen darüber.

Ich habe die vorsichtige Neigung, dem Beklagten zu sagen, hier liegt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor.

Das ist das erste, muss aber nicht stimmen.

Danach ging es um Haftungsfragen. Ein Haftungsausschluss nach Teledienstegesetz (TDG) komme, da der Beklagte kein Provider sei, das TDG für ihn nicht gelte.

§ 11 TDG Satz 1 lautet:

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder

2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.

Rechtsanwalt Sebastian Wolff-Marting: Auch wenn die Site seines Mandanten keine Teldienst,sonmden ein Mediendienst ist, gilt in diesem Falle der § 9 MDStV eine gleichlautende Regelung zur Speicherung von Informationen.


Chinatage in Hamburg
Lurusa Gross, 2006

Dass sowohl der Richter als auch die Anwältin des Klägers dann zu erkennen gaben, nicht zu wissen, was ein Wiki ist, will ich niemandem zum Vorwurf machen. Ich bin vielmehr der Überzeugung, dass auch ein blinder Richter gerecht über Farben urteilen kann, wenn ihm der Sachverhalt entsprechend erklärt wird. Das gilt um so mehr, als der Richter frei heraus bekannte, das Internet nicht zu nutzen.

Richter Dr. Steinmetz:

Habe selbst keine Domain. Sie sind kein Provider. Es gibt privilegierte ... . Sie sind doch nicht Anbieter von Telediensten.

[Sehen] keine Privilegierung nach dem Gesetz über die Nutzung von Telediensten (TDG).

Ob es analog anzuwenden ist, da sind die Gerichte unterschiedlicher Meinung.

Für Juristen ein Leckerbissen mögen die nachfolgenden Erklärungen des Vorsitzenden Richters zur Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) sein. Vor dem dritten Teil der Prüfung des Sachverhaltes erklärte der Vorsitzende Richter, er habe sich zum Thema GoA mal grundsätzlich mit dem LG Hamburg kurzgeschlossen, und dort werde inzwischen die Auffassung vertreten, dass GoA im Falle von Abmahnungen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung grundsätzlich nicht anzuwenden sei, und er korrigiere insofern auch seine eigene Rechtssprechung der jüngeren Vergangenheit. Übrigens habe er vor vielen Jahren als junger Richter auch schon die Auffassung vertreten, dass GoA bei Abmahnungen nach Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht anzuwenden sei. Praktisch macht das allerdings einen eher geringen Unterschied, da Abmahnkosten trotzdem nach § 823 BGB in Form von Schadensersatz für eine unerlaubte Handlung in Frage kommen.

BGB § 823
Schadensersatzpflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Zur Sache hat die Anwältin von Sigmar Gabriel vorgetragen, dass der Beklagte schön öfter abgemahnt worden sei, und wollte daraus eine mögliche Haftung entgegen dem Wortlaut des TDG herleiten. Der vorsitzende Richter schloss sich dem nicht an, sah jedoch als Indiz für eine mögliche Pflichtverletzung des beklagten an, dass das strittige Bild von Sigmar Gabriel recht lange im Wiki gestanden hat.

Richter Dr. Steinmetz:

Verschulden müsste vorliegen.

Im Januar reingestellt. Die Abmahnung war im August.

Muss der Bettreiber nicht gucken, was alles auf der Seite ist?

Dann kommt man doch zum Verschulden.

Die Genossen verstehen oft nicht viel Spaß.

Der Beklagte habe dazu erklärt, dass die Zusendung einer einfachen E-Mail vom Genossen Sigmar an mich zur Herausnahme des Bildes völlig ausreichend gewesen wäre und dass die anwaltliche Abmahnung inklusive des Verlangens von Abmahnkosten in meinen Augen den Verdacht nahe legt, das primäre Ziel der kostenpflichtigen Abmahnung sei möglicherweise, ihn über die Abmahnkosten zu bestrafen. Leider wurde vergessen zu fragen, warum Sigmar Gabriel wegen des strittigen Bildchens zwar gegen Marcel Bartels mit einer kostenpflichtigen Abmahnung vorgeht, das Original im Baseblog jedoch nicht attackiert.

Nicht vorgetragen habe ich auch, dass ich die Prüfung der Rechtswidrigkeit von Kommentaren oder anderen Nutzerbeiträgen durch den Betreiber einer Webseite insgesamt in vielen Fällen als unmöglich ansehe und damit die Pflicht dazu für nicht vereinbar mit dem Grundgesetz halte. Wenn, wie ich gestern erfahren durfte, selbst ein für Medienrecht zuständiger Richter nicht das notwendige Fachwissen hat, um beurteilen zu können, ob eine Karikatur rechtswidrig ist oder nicht, wie soll das dann ein einfacher Webseitenbetreiber können? Völlig unmöglich wird eine solche Prüfung in der Regel bei in Kommentaren enthaltenen Äußerungen, welche als Tatsachenbehauptung gewertet werden könnten. Wenn jemand über jemand anders schreibt, dass er oder sie beim Trinken einer Coca-Cola gesehen wurde, wie soll ein Webseitenbetreiber dann erkennen, ob das eine wahre oder eine falsche Tatsachenbehauptung ist? Woher soll ein Webseitenbetreiber wissen, dass der oder diejenige, worauf sich der Kommentar bezieht, das möglicherweise als Persönlichkeitsrechtsverletzung sieht, weil er oder sie einen Werbevertrag mit der Konkurrenzfirma Pepsi hat? Dem Webseitenbetreiber ist der Wahrheitsbeweis von in Kommentaren getätigten Aussagen oft völlig unzugänglich. Ähnliches gilt auch im Urheberrecht. Wenn jemand ein Rezept postet, woher soll der Webseitenbetreiber wissen, dass das Rezept nicht von der Großmutter stammt, sondern irgendwo abgeschrieben, wurde und die ungefragte Veröffentlichung demnach eine Urheberrechtsverletzung darstellt? Woher soll ein Webseitenbetreiber wissen, ob der Kommentator tatsächlich den Namen trägt, welchen er vorgibt zu tragen und keine Verletzung von Namens- oder Markenrechten vorliegt?

Noch unangenehmer ist es, dass man als Betreiber einer interaktiven Webseite keinerlei Möglichkeit hat, sich davor zu schützen, dass jemand in einem Nutzerbeitrag gezielt einen schwer als rechtswidrig zu erkennenden Inhalt einstellt und ein Komplize in Anwaltsrobe diesen dann kostenpflichtig abmahnt. Obwohl solche Fälle schwer nachzuweisen sind und die Dunkelziffer entsprechend hoch sein wird, wissen wir spätestens seit den Osnabrücker Ermittlungen zum Abmahnbetrug mit E-Cards, dass es solche Fälle gibt.

Es ist schier unmöglich, eine Prüfung von Nutzerbeiträgen auf Rechtswidrigkeit zu verlangen, wenn man nicht deutlich weniger Meinungsfreiheit möchte, als es sie beispielsweise in China gibt. Bei der derzeitigen Rechtslage kann man in Bezug auf Nutzerkommentare meiner Meinung nach durchaus davon sprechen, dass über die deutschen Gerichte eine strafende Zensur beliebiger missliebiger Meinungen ähnlich wie in China durchgesetzt werden kann.

Allenfalls kann man verlangen, dass ein Webseitenbetreiber offensichtlich rechtswidrige Inhalte nach Kenntnisnahme entfernt. Statt das Bundesverfassungsgericht zu bemühen, wird der Beklagte das Problem zunächst mal durch einen entsprechenden Vorschlag an Brigitte Zypries bezüglich des Gesetzgebungsverfahrens zu lösen versuchen.

Im Anschluss an die Erörterung des Sachverhalts schlug der Richter einen Vergleich vor, demzufolge ich 500 Euro Abmahnkosten und anteilige Gerichtskosten zu zahlen hätte.

Richter Dr. Steinmetz:

Die Genossen verstehen oft nicht viel Spaß.

Mein Vorschlag 500,00 EUR. Kosten 1/3 und 2/3.

Mit dem Hinweis, dass der Beklagte an die Gerechtigkeit glaube, hat er diesem Vergleichsvorschlag nicht zugestimmt.

Wie das Urteil am 23.01.2007 letztlich ausfallen wird, scheint zumindest formal derzeit noch völlig offen zu sein und vom weiteren Schriftverkehr abzuhängen.

Richter Dr. Steinmetz:

Kann aber noch schlimmer kommen.

Das Beste sucht der Vorsitzende sich ´raus.

... .

Will heute nichts mehr hören. Bin kaputt. Feierabend.

Der Beklagte, Herr Marcel Bartels:

Es geht um Wiki.

Beklagtenanwalt:

Wir werden schriftlich erklären, was Wiki ist.

Richter Dr. Steinmetz:

Sehr gut, aber bitte nicht ganz so kompliziert.

Die Weiterführung des Verfahrens erfolgt schriftlich mit einer Frist von vier Wochen ab dem heutigen Datum.

Die Verkündung der Entscheidung erfolgt am 23.01.06 um 12:00, Saal 123.

Weitere Berichte zum Prozess:
Rechtsanwalt Dennis Sevriens von Sewoma hat bereits im Berlin Blawg eine knappe Zusammenfassung der Verhandlung veröffentlicht.

 

11.01.2007: Mein Parteibuch                         

Ergänzender Vortrag in der Sache Gabriel ./. Bartels

Mimose
Mimose
Copyleft2007 Lurusa Gross
Nachdem am 5. Dezember die mündliche Verhandlung beim AG Hamburg zur Klage auf Abmahnkosten in Höhe von 756,09 Euro von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel gegen mich war, und Richter Steinmetz sich dabei unentschlossen gezeigt hat, zu entscheiden, ob das Corpus Delikti - also das im Parteibuch Wiki eingefügte Bild von Sigmar Gabriel mit der Bildunterschrift “Ich will auch zu den Nutten, Herr Hartz” - zulässige Satire oder eine unzulässige Persönlichkeitsrechtverletzung ist, und auch deutlich gemacht hat, dass er nicht wisse, was ein Wiki ist und ob Wikis unter das Forenhaftungsprivileg fallen können, gab es eine einmonatige Frist zum Einreichen weiterer Schriftsätze.

 Mein Rechtsanwalt, der Berlin Blawger Sebastian Wolff-Marting von der Kanzlei SEWOMA®, die einmonatige weitere Vortragsfrist fristgerecht für einen, wie ich finde, lesenswerten ergänzenden Vortrag zu Satire und Wikis genutzt. Eigentlich müsste das auch einem Richter eingängig sein.

In der Sache

Gabriel ./. Bartels
GZ: 36a C 253/06

tragen wir auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung wie folgt ergänzend vor.

1.) Satire
Gegen die im Sitzungsprotokoll festgehaltene „leichte Neigung“ des Gerichtes, in der streitgegenständlichen Abbildung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers und nicht eine durch Art. 5 GG privilegierte Meinungs- oder Kunstäußerung in Form der Satire zu erblicken, ist entgegen zu halten, daß die Abbildung durchaus auch einen satirefähigen Tatsachenkern enthält.

Nach Berichten in zahlreichen Medien (zuerst wohl in der Zeitschrift FOCUS) hat der Kläger nämlich nach seiner Niederlage als Ministerpräsident bei der niedersächsischen Landtagswahl 2003 beim Volkswagenkonzern um eine Beschäftigung nachgesucht, bzw. dort versucht, Aufträge für eine eigene Firma zu akquirieren. Der Konzern hat daraufhin offenbar tatsächlich mit der fraglichen Firma CoNeS GbR Geschäfte gemacht. Dieser Vorgang wird offenbar mit der streitgegenständlichen Satire aufgegriffen. Der Kontakt zu Volkswagen lief nach den einschlägigen Berichten -gegen die sich der Kläger offenbar nicht gewehrt hat- über den in dem Bild erwähnten, seinerzeitigen VW Manager Peter Hartz.

Beweis: diverse Presseberichte aus dem Internet, Anlagenkonvolut 1

Zeitweilig ermittelte wegen einiger Ungereimtheiten im Zusammenhang mit diesem Vorgang sogar die Staatsanwaltschaft in Braunschweig, die aber die Einleitung eines Strafverfahrens letztlich ablehnte. Trotzdem blieb nach Einschätzung politischer Beobachter der Vorgang anrüchig.

Beweis: Einschätzung bei Focus Online vom 18.01.2006, Anlage 2

Auch der Beklagte hat am Rande seiner Berichterstattung und Kommentierung der Vorgänge um den VW Konzern darüber berichtet. So zitiert er aus dem Redemanuskript eines mit dem Thema befaßten Publizisten, „Zudem ging es um Beratungshonorare für ehemalige Mitglieder des AR. Sie erhielten - wie z. B. Ex-MP Sigmar Gabriel - Geld für dubiose Leistungen als „Volks-Wagen-Vertreter.“ Der Antrag wurde am 21. April 2005 mit der Mehrheit des Landes Niedersachsen bei einer Präsenz von insgesamt 33,9 % (stimmberechtigter Aktien) abgelehnt.“

Beweis: Ausdruck des Beitrages des Klägers vom 10.05.2006, Anlage 3

Im Hinblick darauf, daß die streitgegenständliche Montage also einen Vorgang des Zeitgeschehens, der zum Zeitpunkt der Einstellung auch aktuell war, kommentiert und dabei eine Person der Zeitgeschichte betrifft, die als Spitzenpolitiker immer wieder selbst und bisweilen reißerisch, das Licht der Öffentlichkeit sucht, ist hier im Ergebnis von einer zulässigen satirischen Darstellung auszugehen, die der nach wie vor unbekannte Einsteller wohl in Anlehnung an die vorerwähnte Berichterstattung auch auf den Seiten des Beklagten, dort plaziert hat.

In der Gestalt dieser Satire sind die Prostituierten offenbar als Chiffre für materielle Vorteile zu verstehen, die vom Volkswagenkonzern wohl in kritisierbarer Weise dem Kläger zuteil wurden, auch wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der eigentlichen „Prostituierten-Affaire“ und dem vorgehend geschilderten Sachverhalt und damit dem Kläger nicht bestehen.

Immerhin treffen die Vorgänge sich neben der Tatsache, daß Volkswagen in beiden Fällen Leistungen zugunsten einzelner Personen (oder hier Personengesellschaften) erbrachte, die nach Meinung von Kritikern nicht im Interesse des Unternehmens lagen, auch noch in der Person des namentlich in der Satire genannten Peter Hartz.

Satiren, Parodien und Karikaturen sind dadurch gekennzeichnet, daß bestimmte Merkmale, Eigenschaften oder Verhaltensweisen so verzerrt dargestellt werden, daß der “normale”, unvoreingenommene und vernünftige Betrachter die übertriebenen Zusammenhänge durchschaut. Im besten Fall entsteht beim Betrachter einer Satire eine humorvolles Gefühl, weil er versteht, daß die satirische Darstellung nicht ernst genommen werden will. Im Gegensatz dazu empfindet der Betrachter einer persönlichkeitsrechtsverletzende Darstellung, eher Ekel- oder Mitleidsgefühle oder im schlimmsten Fall Schadenfreude.

Vorliegend empfinden vernünftige Betrachter die Darstellung des Klägers witzig und werden zumindest zum Schmunzeln, wenn nicht gar zum Lachen angeregt. Niemand, der die Darstellung des Klägers mit der streitbefangenen Bildunterschrift sieht, wird Mitleid oder gar Ekel über die Darstellung des Klägers empfinden.

Im übrigen wird zu unseren Ausführungen zur Satire im letzten Schriftsatz verwiesen und darauf, daß die Inaugenscheinnahme des Bildes in der mündlichen Verhandlung bei sämtlichen Verfahrensbeteiligten ebenfalls eine gewisse Heiterkeit erregte, so daß auch das wichtigste Kriterium für eine satirische Darstellung hier erfüllt ist.

2. Wiki
Soweit technische Unklarheit herrscht, wie das Bild auf die Seite des Mandanten gelangt ist, stellen wir nachfolgend die technischen Hintergründe klar. Die Internetseite des Beklagten besteht nämlich aus mehreren Elementen. Herzstück ist das sog. „BLOG“, in dem der Beklagte seine eigene Meinung in Kommentaren darstellt und interessierten Internetnutzern die Möglichkeit einräumt, diese zu kommentieren. In diesem Teil wurde die streitige Satire jedoch nicht veröffentlicht. Das Bild wurde vielmehr in ein sog. „Wiki“ eingefügt, das der Beklagte ebenfalls auf seiner Internetseite betreibt, um die politische Szene in Deutschland für die Leser seines Blogs transparenter zu machen. Das dafür eingesetzte System stellen wir mit einem Text aus dem Onlinelexikon „Wikipedia“ vor, welches zugleich das populärste „Wiki“ darstellt:

Wiki
Ein Wiki, auch WikiWiki und WikiWeb genannt, ist eine im World Wide Web verfügbare Seitensammlung, die von den Benutzern nicht nur gelesen, sondern auch online geändert werden kann. Dazu gibt es in der Regel [so auch beim Beklagten] eine Bearbeitungsfunktion, die ein Eingabefenster öffnet, in dem der Text des Artikels bearbeitet werden kann. Wie bei Hypertexten üblich, sind die einzelnen Seiten und Artikel eines Wikis durch Querverweise (Links) miteinander verbunden. Wikis ähneln damit Content Management Systemen. Der Name stammt von wikiwiki, dem hawaiischen Wort für „schnell“.

Mit der Änderbarkeit der Seiten durch jedermann wird eine ursprüngliche und zuvor nicht verwirklichte Idee des World Wide Web realisiert. Die Wiki-Software kann aber auch in Intranets oder auf privaten Rechnern eingesetzt werden.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Wiki, der Text steht unter der Open-Content-Lizenz GNU-FDL, die hier abgerufen werden kann: http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:GNU_Free_Documentation_License

Rechtlich ist diese Einrichtung als Meinungsforum zu qualifizieren, in der sämtliche interessierten Internetnutzer ihre Auffassung zu Vorgängen oder prominenten Personen hinterlassen können. Es sich auch möglich, vollkommen neue Artikel zu verfassen.

Beweis: Augenschein, unter http://www.mein-parteibuch.de/wiki/Hauptseite

Die Möglichkeit des Änderns von Artikeln wird durch die zwei nachfolgenden Screenshots verdeutlicht, die Unterfertigter angefertigt hat, ohne auf der Seite des Beklagten irgendwelche speziellen Zugriffsrechte zu besitzen.

Hamburg im Parteibuch Wiki

Nach einem Klick auf „bearbeiten“ (am rechten Bildrand):

Hamburg im Parteibuch Wiki bearbeiten

Das Wiki des Beklagten enthält 1722 Einträge, die dieser erkenntlich nicht permanent überwachen kann.

Beweis: Statistik des Wiki, Ausdruck Anlage 4

Daß das Bild nicht vom Kläger selbst erstellt wurde, ergibt sich im Übrigen schon aus dem Bild selbst, wo eine Internetadresse angegeben ist (oben rechts) unter der das Bild bis zum heutigen Zeitpunkt -offenbar unangefochten vom hiesigen Kläger- noch abrufbar ist. Dort ist das Bild verlinkt mit der Berichterstattung des NDR, die in Anlage 1 zu dieser Klageerwiderung enthalten ist.

Beweis: 1.) Ausdruck, Anlage 5
2.) Augenschein: [Editor: URI zum Baseblog Beitrag “Fat Siggy - Bald weg?” aus rechtlichen Gründen entfernt]

3. Privilegierung nach § 9 MdSTV, bzw. Störerhaftung
Der Beklagte haftet deshalb nicht für das auf seine Seite abgelegte Bild, selbst wenn man eine rechtswidrige Verletzung des Klägers darin erblicken wollte.

Eine Privilegierung nach dem Teledienstgesetz kommt vorliegend tatsächlich nicht in Betracht, sehr wohl allerdings eine solche gem. §§ 9 und 6 Abs. 2 MdSTV, wie bereits in unserem vergangenen Schriftsatz dargestellt. Diese lauten (inhaltlich ähnlich dem TDG):
§ 6
[Allgemeine Grundsätze der Verantwortlichkeit]

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 7 bis 9 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach diesem Staatsvertrag oder den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 7 bis 9 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 85 des Telekommunikationsgesetzes ist zu wahren.

§ 9
[Speicherung von Informationen]

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder

2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um diese Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.

Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

Die Anwendung des MdStV auf das Angebot der Beklagten gem. § 2 MdStV ist unproblematisch

Sofern die Anwendung der Vorschrift des § 9 MdStV auf Unterlassungsansprüche abgelehnt wird und stattdessen sich lieber an der allgemeinen Störerhaftung orientiert wird, ergibt sich vorliegend kein anderes Ergebnis.

Nach der sog. Heise-Rechtsprechung des HOLG Hamburg (7 U 50/06) treffen Betreiber von Foren und ähnlichen Einrichtungen nämlich nur dann konkrete Überwachungspflichten, wenn in der Vergangenheit wiederholt gleichartige Störungen aufgetreten sind. Wörtlich heißt es dort:

Hamburg im Parteibuch Wiki bearbeiten

Dem Beklagten ist allerdings für die Vergangenheit kein Fall bekannt geworden, in der es zu einer fragwürdigen Äußerung oder Bildpublikation über den Kläger auf seinen Seiten gekommen wäre. Insofern traf ihn eine Überwachungspflicht eben gerade nicht.

Eine solche läßt sich auch nicht aus der Dauer der Einstellung konstruieren. Dies wäre im Hinblick auf § 6 Abs. 2 MdStV nicht nur contra legem, sondern würde auch die eben gerade nach der allgemeinen Störerhaftung nicht umfassend bestehende Prüfungspflicht „durch die Hintertür“ wieder einführen. Wem nicht zuzumuten ist, alle Einträge, die neu auf seiner Internetseite eingestellt werden, zu kontrollieren, dem ist erst recht nicht zuzumuten, den dadurch schlechterdings entstehenden „Berg“ unkontrollierter Beiträge nachträglich abzuarbeiten.

Abschriften anbei

Wolff-Marting
Rechtsanwalt

Nun bin ich mal gespannt, was für ein Urteil am 23.01.2006 verkündet wird.

Die Verkündung erfolgte am 27.02.2005

Marcel Bartels obsiegt

Klage von Sigmar Gabriel abgewiesen                         

KatzenbildWie das Amtsgericht Hamburg telefonisch mitgeteilt hat, ist die Klage von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel gegen den Betreiber von Mein Parteibuch auf Zahlung der in der (äußerst moderaten) Honorarnote von Michael Nesselhauf ausgewiesenen 756,09 Euro Abmahnkosten abgewiesen worden.

Der Kläger, also Sigmar Gabriel, hat außerdem die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Bisher ist lediglich der Tenor des Urteils bekannt. Die Begründung des Urteils liegt noch nicht vor. Mein Parteibuch dankt dem bloggenden Rechtsanwalt Sebastian Wolff-Marting von der Kanzlei SEWOMA® für die hervorragende Arbeit.

Bis heute unbeantwortet geblieben ist die am 25.08.2006 in einer ersten Reaktion auf die Abmahnung von Sigmar Gabriel geschriebene E-Mail des beklagten Betreibers von Mein Parteibuch, die folgenden Wortlaut hatte:

Lieber Genosse Sigmar,

bei der Abmahnung, die Du mir heute per Fax über die Kanzlei Buse hast zustellen lassen, handelt es sich sicher um ein Mißverständnis.

Natürlich habe ich das Bild von Dir mit der Unterschrift “Ich will auch zu den Nutten, Herr Hartz” gleich aus dem Artikel im Parteibuch Wiki zu VW entfernt, auch wenn ich das vermutlich für Satire gehalten hätte, die erkennbar keinerlei Bezug zur Realität hat. Denn schließlich hattest Du mit den Nutten von Peter Hartz nichts zu tun. Und auch durch deinen Sitz im Aufsichtsrat von VW, den das Amt des Ministerpräsidenten von Niedersachsen so mit sich brachte, konntest Du ja keine Ahnung von den Sexorgien haben, die der Personalvorstand Peter Hartz mit VW Firmengeldern bezahlt hat. Die Verwendung der Firmengelder in einem so engen Rahmen zu kontrollieren, gehört schließlich nicht zu den Kontrollpflichten eines Aufsichtrates.

Ich meine, Du hast wirklich keinen Grund, so nervös zu sein, denn die leidige Geschichte mit den 100 Mille, die Du und Deine Kumpel bzw eure Firma von Peter Hartz nach deiner Abwahl als Ministerpräsident von Peter Hartz für diese komische Studie bekommen habt, ist doch nun wohl ausgestanden, oder etwa nicht? Sogar die Strafanzeige von Hans-Joachim Selenz wegen Meideids gegen Dich wurde eingestellt, nachdem, wenn ich das recht verstanden habe, festgestellt wurde, dass Du zwar möglicherweise objektiv die Unwahrheit beeidet hast, aber das bei Nebensächlickeiten in einer eidesstattlichen Versicherung da nicht so drauf ankommt.

Also, lieber Genosse Sigmar, Du kannst ruhig wieder lachen, denn die häßlichen Vorwürfe gegen Dich sind doch alle schon ausgesessen. Ist doch wirklich blöde, mit Anwälten aufeinander loszugehen, oder? Das häßliche Bild habe ich natürlich entfernt. Um die Sache aus der Welt zu schaffen, kannst Du mich übrigens auch einfach anrufen unter Tel: 030 / 627 33 444.

Mit solidarischen Grüßen

Dein Genosse
Marcel Bartels
www.mein-parteibuch.de

PS: Sollte ich nichts von Dir hören, geht natürlich auch noch rechtzeitig eine Antwort auf das überflüssige Schreiben an Deine Anwälte.

Ein Katzenbild gibt es natürlich auch wieder. Zu der Frage, was von einem Genossen zu halten ist, der anstelle von Telefon und E-Mail mit anwaltlicher Abmahnung und Klage Fernkommunikation betreibt, mag sich jeder selbst seine Gedanken machen.

Urteil  36 A C 253/06 vom 27.02.2007

Kommentare

Nachtrag: Her Sigmar Gabriel ging in Berufung zur Pressekammer Hamburg. Am 30.08.07 nahm er den Antrag auf Berufung zurück. Wir berichteten. Volles Obsiegen für Marcel Bartels.

Hat Müntefering gelogen? -  Anwalt Jipp meint, dass das möglich wäre           

In der Sache 7 U 70/06 (324 O 556/05) Doris Schröder-Köpf vs. 'stern' hatte 'stern' bei Buske verloren.

Wir berichteten. Der damaligenDisput (10.03.06) fand statt zwischen dem Vorsitzenden Richter, Andereas Buske und den Parteienvertretern, den Anwälten Helmuth Jipp sowie Herrn Nesselhauf.

Der Vorsitzender etwas verunsichert:

Wir haben einen Ermessungsspielraum. Eine mündliche Vernehmung halten wir nicht für notwendig.

Anwalt Jipp ein wenig schärfer:
Das sind wichtige Beweisfragen.
Vielleicht haben wir eine schriftliche Lüge. Der Zeuge schreibt abweichend vom Beweisbeschluss. Sagt zu 2005 aus, er wurde danach nicht gefragt.
Würde gern seine Tagebücher und Kalender sehen.
Bundeskanzler bzw. Bundesminister ist berechtigt zu lügen, wenn er es für richtig hält.

Es geht um eine geschichtlich sehr wichtige Frage.
Diese sollte nicht mit einem Achtzeiler erledigt sein.

Anwalt Michael Nesselhauf:
Münterfering war im März nicht dabei.
Wie kann man den Leuten die Ehre abschneiden?
Auf Klagen wird mit prozesstechnischen Mitteln reagiert.
Weshalb unterstellen sie, dass Münterfering die Unwahrheit sagt?
Es ist eine Unverschämtheit  .... mit welcher Leichtfertigkeit Sie behaupten, dass der Zeuge lügt.

Anwalt Jipp:
Alle Zeugen sind dazu bereit [zu lügen]. Das wissen wir [alle].
Bei schriftlicher Vernehmung können wir keine Kontrollfragen stellen.
Es geht hier um eine gerichtliche Entscheidung, keine politische.

Anwalt Nesselhauf:
Sie brauchen ihm hier nicht die Ehre abzuschneiden.

Anwalt Jipp:
Es ist etwas anderes, vor Gericht auszusagen, als schriftlich.
Die Zeugen sind nervös usw.
Ein Politiker der weiß, dass es eine Zeugenaussage ist, setzen andere Prioritäten.

Anwalt Jipp dann einlenkend:
Vielleicht hat er sich auch nur geirrt.
Diese Möglichkeit wird einem genommen.
Das hatten wir schon vor vierhundert Jahren.
Der Minister kann hierher kommen. Es ist nicht unzumutbar und keine Bagatelle.

Während der Berufungsverhandlung gab es anscheinend eine Sensation.

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Dieser Fall ist nicht ganz unkompliziert.

Müssen wir den Arbeitsminister holen, welcher auch Zeuge des Klägers ist?

Kommen nicht umhin.

Herr Müntefering muss vernommen werden in Berlin, im Gericht in Berlin oder an seinem derzeitigen Aufenthaltsort.

Es sei denn, man einigt sich, oder auch in Hamburg, wenn Herr Müntefering sich gerade in Hamburg aufhält.

Er ist Hauptzeuge der Klägerseite. Er hat erklärt, ... .

Anwalt Nesselhauf:

Bin überrascht. Fast sprachlos. Wenn Sie das sagen, bin ich befremdet darüber, dass man im Ernst glaubt, er würde mündlich etwas anderes aussagen als schriftlich.

Dies ist ein absurder Ansatz.

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Man könnte auch sagen, die Sache habe sich erledigt.

Es interessiert heute niemanden mehr, wer die Idee mit der Vertrauensfrage hatte.

Schröder steht nicht mehr im Scheinwerferlicht.

Anwalt Nesselhauf:

Wie ist das mit den Kosten?

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Da das Ergebnis unklar ist, können die Parteien teilen.

Anwalt Nesselhauf:

Kommt nicht in Frage.

Richter Enno Kleffel richtungsweisend:

Wegen fehlender politischer Aktualität nicht ... .

Dann sollen die Prozessaussichten berücksichtigt werden.

Es muss beachtet werden, was Herr Nesselhauf hier vorgetragen hat.

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Erinnert sich dann nicht mehr oder steht im Kalender .. ..

Beklagtenanwalt Helmuth Jipp:

Kann mir ganz gut vorstellen, dass die Klägerin kein Interesse hat und verzichtet.

Dann erfolgt die Kostenentscheidung nach 91a.

Der Senat soll entscheiden.

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Es ist lästig die Befragung.

Vielleicht kann man entgegenkommen vor dem Hintergrund, dass kaum zu erwarten ist, der Minister sage etwas Anderes.

Beklagtenanwalt Helmuth Jipp:

Wo Nesselhauf mit uns nicht redet.

Anwalt Nesselhauf:

[Herr Müntefering] kann auch hierher kommen. Würde mich darum kümmern.

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Wir können ihn nicht zwingen.

Befragen können wir am Amtssitz oder dort, wo er sich aufhält.

Anwalt Nesselhauf:

Ich kann ihn theoretisch überzeugen. Dagegen kann man nichts sagen.

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Wir können aber nicht anders entscheiden. In welche Richtung soll es gehen?

Anwalt Nesselhauf:

Spätestens in einer Woche.

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben zu beiden Anwälten:

Können Sie einer Erledigung wegen mangelnder Aktualität zustimmen?

Anwalt Nesselhauf:

... .

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben:

Wie sieht es bei Ihnen, Herr Jipp, aus?

Anwalt Helmuth Jipp:

Versuche mit Herrn Nesselhauf ins Benehmen zu kommen.

Die Vorsitzende Frau Dr. Raben:

In zwei Wochen werden wir wissen wie wir verfahren.

Falls Herr Müntefering in Hamburg ist, können wir ihn befragen. Kann auch an einem anderen Wochentag erfolgen.

Verkündungstermin? Wir legen keinen fest.

Der weitere Prozess erfolgt von Amts wegen.

Danach wird für's Protokoll diktiert [keine wörtliche Zitierung - RS]

Den Kostenbeschluss können wir ohne Verkündung fassen.

Der Senat erklärt, der Zeuge Müntefering müsste gehört werden, und regt zwischen den Parteien eine Einigung an.

Die Parteien erklären innerhalb von zwei Wochen, ob eine Einigung zustande kommt.

Falls nicht, erklärt der Kläger, wann der Zeuge in Hamburg ist, um ihn hier zu vernehmen.

... .

Das weitere wird von Amts wegen ergehen.

Die Zeugenbefragung von Herrn Müntefering durch den 7. Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichts findet am 29.01.07, um 16:30 im Kammergericht Berlin statt. - Bericht

13.02.07: Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat nachweisen können, dass es nicht Sie war mit der Idee.
Die Revision wird  nicht zugelassen.

 

Bei Vural Öger fand keine Razzia statt   - Razzia ist nicht Hausdurchsuchung               

In der Sache 7 U 116/06 (324 O 156/06) Vural Öger, Europaabgeordneter der Grünen, hat die Pressekammer einmal für Springer entschieden. Wir berichteten.

Das Hanseatische Oberlandesgericht sah es anders. Den Ausschlag gab die Stolpe-Entscheidung.

Die Vorsitzenden Frau Dr. Raben:

Es ist ein Grenzfall. Wir haben eine Einstweilige Verfügung. Der Kläger kämpft gegen das Landgericht und die Beklagte (Springer).

Ob wirklich eine Razzia stattfand, erscheint uns grenzwertig. Razzia ist etwas anderes als eine Hausdurchsuchung.

Im Wortschatz  der Uni-Leipzig finden wir für Razzia

und für Hausdurchsuchung

Frau Dr. Raben muss sich sicherlich nicht daran zu halten. Wichtiger ist die Meinung des Klägeranwalts, Herr Nesselhauf:

Es war keine Razzia. Das Ganze hat nur [journalistischen] Wert, wenn es bei Öger war und dazu mit seinem Bild.

Die Vorsitzenden Frau Dr. Raben setzte fort:

Es gibt die Überschrift und das Bild vom Kläger.

Der Leser denkt, die Razzia fand bei ihm statt. Es ist ein Grenzfall. Man kann die Überschriften auch anders formulieren.

Wir meinen dabei, die Überschrift sei nicht korrekt.

Im Hinblick auf den Stolpe-Gedanken ist es eher zu verbieten.

Es entsteht die Frage, wie können wir damit umgehen?

Beklagtenanwalt Dr. Börger:

Wenn ich Sie nicht überzeugen konnte, brauche ich jetzt nichts vorzutragen.

Klägeranwalt Nesselhauf:

Es ist kein Versehen.

Bericht lediglich über die Putzfrau wäre uninteressant.

Beklagtenanwalt Dr. Börger:

Wenn jemand im Europaparlament sitzt, und seine Putzfrau hat etwas mit Drogen zu tun, dann ist es schon interessant, mit welcher Sorgfalt er seine Leute aussucht.

Die Vorsitzende:

Liegt uns nicht an.

Richter Herr Kleffel gibt wieder einmal die Richtung vor:

Die Leute sehen es so, wie wir es sehen.

Beklagtenanwalt Dr. Börger:

Das ist Ihr Verständnis; wenn Sue davon überzeugt sind. Soll es so bleiben.

Die Vorsitzende:

Das ist Stolpe.

Beklagtenanwalt Dr. Börger:

Kann Stolpe auf die Presse übertragen werden und auf Überschriften?

Die Vorsitzende:

Weshalb soll Stolpe nicht auf die Presse übertragen werden?

Beklagtenanwalt Dr. Börger:

Weil das Bundesverfassungsgericht sich bei der Stolpe-Entscheidung keine Gedanken gemacht hat über die Belange der Presse. Es war eine private Auseinandersetzung.

Die Vorsitzende:

Bei der Presse muss umso mehr eindeutige Formulierungen geben.

Die Presse kann sich eindeutig ausdrücken.

Sehe keinen Grund, das nicht auf die Presse anzuwenden.

Beklagtenanwalt Dr. Börger:

Dann brauche ich nicht hier zu sein.

Klägeranwalt Nesselhauf:

Es ist einer der seltenen Fälle.

Die Vorsitzende, Frau Dr. Raben:

Razzia heißt, dass man nach anderen Leuten sucht.

Beklagtenanwalt Dr. Börger:

Da haben Sie andere Krimis gelesen.

Die Vorsitzende, Frau Dr. Raben:

Razzia ist etwas anderes als Hausdurchsuchung.

Klägeranwalt Nesselhauf:

Razzia ist ... .

Weshalb das Bild von Öger?

Beklagtenanwalt Dr. Börger:

Das ist eine redaktionelle Entscheidung. Die Razzia fand in seinem Haus statt.

Was Sie sagen, ist kein Argument.

Klägeranwalt Nesselhauf:

Doch. Sie verstärken den Eindruck, die Razzia sei gegen Öger gerichtet.

Beklagtenanwalt Dr. Börger:

Ich bin kein Abgeordneter. Kein Mensch kommt auf den Gedanken.

Durchsuchung bei Herzog ... .

Herr Richter Kleffel:

Wir sehen das.

Die Vorsitzende:

Sollen wir das so aufschreiben?

... .

Die Entscheidung erfolgt am Schluss der Sitzung.

Der Streitwert der Berufung beträgt 15.000,00 EUR.

Bei der Verkündung der Entscheidung war ich nicht dabei.

 

Rechtsanwalt Dr. Schertz präsentiert sich wie im Kino -  Jauch verliert              

Anwalt Schertz vertrat an diesem Dienstag zwei Personen - Dr. Thomas Middelhoff und Günter Jauch - und versuchte in der Berufung zu obsiegen.

Gelungen ist das ihm nicht. Zumindest zeigte das der Verlauf der Sitzung. Zur Verkündung der Entscheidung war ich nicht anwesend. Das Urteil habe ich später erhalten.

Wenn die Anwälte in der Regel am Pult stehen oder neben dem Pult sitzend ihre Argumente vortragen, stelle sich Rechtsanwalt Schertz in die Mitte zwischen die Tische und proklamierte laut und gestikulierend. Ich fühlte mich wie im Kino.

Mehrmals wurde er von der Vorsitzenden unterbrochen:

 Lassen Sie mich zu Ende sprechen.

7 U 90/06 (324 O 868/05) - Jauch vs. SUPERillu

Die Argumente von Anwalt Dr. Schertz :

Herr Buske hat gesagt, dazu gebe es keine wissenschaftliche Ausarbeitungen, keine extra Entscheidungen. Ich habe mich viel damit beschäftigt.

Ich habe diesen Fall (Jauch vs. Rätselheft betrieben, weil alle meinen, dieser Fall sei zu begründen.

Solch ein Fall ist noch nicht entscheiden worden.

Das Persönlichkeitsrecht ist ein Vermögensausschließbarkeitsrecht. Es ist nicht nur ein Versagungsrecht.

Hier ist das Ziel, ein Produkt zu verkaufen und nicht die Presse.

Es handelt sich hier um einen Alibiartikel.

Glauben Sie mir, ich habe mich mit diesem Fall intensiv beschäftigt.

Buske hat gesagt, der Fall liegt auf der Kippe.

Bin nicht so wortgewandt wie Sie.

Habe dazu einen Aufsatz geschrieben.

Ich bin ja hier, um Rechtsgespräche zu führen.

Im konkreten Fall sind wir dogmatisch.

Habe meine Doktorarbeit geschrieben, mehr nachgedacht als andere.

Es ist doch alles viel schlimmer.

Lassen Sie [Frau Raben] mich doch den Satz zu Ende sprechen.

Die Argumente des Beklagtenanwalts, Herrn Herrmann brauche ich hier nicht vorzubringen. Er nannte andere Beispiel von Produkten mit sehr wenig Text, z.B. Gedenkmünzen, bei welchen das BGH zu Gunsten des Produktherstellers entschied.

Gestritten wurde noch, ob die Revision zugelassen werden soll.

Darüber wollte Frau Dr. Raben nachdenken, die Entscheidung zum Schluss der Sitzung mitteilen. Hier war ich schon bei Richter Dr. Steinmetz..

Interessant waren möglicherweise auch die richtungweisenden Worte des Richters Herr Kleffel:

Es ist keine Einzelfallwertung, wenn Sie sagen, dieser Satz genügt.

Wenn es überhaupt keinen redaktionellen Beitrag gibt, dann ... .

Man kann sich Fälle denken, welche in letzter Sekunde auf der Titelseite erscheinen.

Ist es mehr als ein Alibi?

Ich überlege nur laut.

02.01.2007: Kommentar: Kanzlei Prof Schweizer

Grundsatzentscheidung: Jauch muss ohne Entschädigung Bildpublikation auf dem Titelblatt eines Rätselheftes hinnehmen

Der SUPERillu Verlag hat auch in zweiter Instanz gegen Jauch gewonnen. „Die Revision wurde [vom Gericht zweiter Instanz: OLG Hamburg] zugelassen, weil die Frage, unter welchen Voraussetzungen die einwilligungsfreie Abbildung eines Prominenten auf dem Titelblatt einer Zeitschrift zulässig ist, von grundsätzlicher Bedeutung ist.”
Nach dieser Zulassung der Revision kann es somit, wenn Jauch Revision einlegt, vor dem BGH generell um die einwilligungsfreie (und entschädigungslose) Abbildung auf dem Titelblatt einer Zeitschrift gehen, nicht nur speziell um die Abbildung auf dem Titelblatt eines Rätselheftes.
Über das Urteil erster Instanz - LG Hamburg Az.: 324 0 868/05 - haben wir an dieser Stelle am 30. Juni 2006 berichtet. Nun hat das Oberlandesgericht Hamburg unter dem Az.: 7 U 90/06 das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
Das Bild war unterschrieben: „Günther Jauch zeigt mit 'Wer wird Millionär?', wie spannend Quiz sein kann.”
Die Kernsätze des OLG Hamburg-Urteils:
Die Bildunter- bzw. Bildnebenschrift „enthält auch eine knappe Charakterisierung und Bewertung der Quizsendung und trägt damit - allerdings in relativ bescheidenem Umfang - zur Meinungsbildung bei. Diese Meldung wird durch das fragliche Foto bebildert. ... Eine solche Aussage unterliegt dem Bereich der Pressefreiheit und verdient gegenüber dem Bildnisrecht des Klägers und insbesondere seinem Recht an der kommerziellen Nutzung seines Bildnisses den Vorrang.

11.03.09: Der  BGH hat dieses Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Az.: I ZR 8/07).

Pressemitteilung:

Nr. 58/2009

Günther Jauch gewinnt Streit um sein Bild auf der Titelseite eines Rätselheftes

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob dem Kläger Günther Jauch wegen der Verwendung seines Bildnisses Zahlungsansprüche zustehen. Ein Zeitschriftenverlag hatte den Kläger auf der Titelseite eines Rätselheftes mit dem Bildunterschrift "Günther Jauch zeigt mit ‚Wer wird Millionär?" wie spannend Quiz sein kann" abgebildet, ohne dass das Heft einen entsprechenden redaktionellen Beitrag enthielt. Der Kläger, der der Verwendung seines Bildnisses nicht zugestimmt hatte, verlangt von dem beklagten Zeitschriftenverlag den Betrag, der seiner Auffassung nach üblicherweise für die Zustimmung zu einer derartigen Veröffentlichung gezahlt wird.

Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Auf die Revision hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben.

Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass bei der notwendigen Abwägung der widerstreitenden Interessen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers, das auch das Recht an seinem Bildnis umfasst, im Streitfall der Vorrang vor der Pressefreiheit zukommt. Zwar dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Rahmen der Berichterstattung regelmäßig ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. Ob ein Bildnis der Zeitgeschichte vorliegt, ist anhand des Informationswertes der Abbildung und der sie begleitenden Berichterstattung zu beurteilen. Der Informationsgehalt der Bildunterschrift war im vorliegenden Fall aber derart gering, dass sie sich darauf beschränkte, einen Anlass für die Abbildung des Klägers zu schaffen, um dessen Werbe- und Imagewert für das Rätselheft des beklagten Verlages auszunutzen.

Das Berufungsgericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, muss nunmehr die fehlenden Feststellungen zur Höhe des Anspruchs des Klägers nachholen.

Urteil vom 11. März 2009  I ZR 8/07

OLG Hamburg, Urteil vom 5. Dezember 2006  7 U 90/06, GRUR-RR 2007, 142

LG Hamburg, Urteil vom 9. Juni 2006  324 O 868/05, AfP 2006, 391

Karlsruhe, den 11. März 2009

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

08.12.09: Erneute Verhandlung vor dem OLG Hamburg. Jauch wurden 20.000,00 Euro zugesprochen. Jauch hat jedoch 80 % der Prozesskosten zu tragen. Bei einem Streitwert von 100.000,00 Euro muss Jauch ca. 15.000,00 Euro draufzahlen. Bericht

 

7 U 79/06 (324 O 934/05) - Dr. Thomas Middelhoff vs. WDR                         

In der Sache 7 U 79/06 (324 O 934/05) Dr. Thomas Middelhoff vs. WDR erfuhren wir, welche reiche Mandanten der Klägeranwalt Schertz vertritt. Für diese Personen sind fünf Millionen Peanuts, damit Privatsache, über die nicht berichtet werden darf:

Sie [Frau Raben] haben mit mir schon telefoniert. Was Sie sagten, hat mich nicht überrascht.

O., welche ich auch vertrete, haben zwei-drei Milliarden. Investieren in Fonds.

Das ist das, was jeder macht, der Geld hat. Kauft entweder Gold oder ... .

Jauch hat auch Rechtsstreite. Es ist der Normalfall, wie bei den Leuten, und seien sie noch so reich wegen ihrer Funktion oder dem gesellschaftlichen Stand.

Für die sind die Summen nicht hoch. Ist aber für uns hoch. Soll das entscheidend sein?

Müssen die das dulden? Es erfolgt eine Verböserung des Reichsseins.

Mein Mandant hat nicht viel gemacht. Hat lediglich die Unterschrift geleistet.

Die Vorsitzende erläuterte:

Es geht  nicht um die Höhe. Es geht um ein skandalumwittertes Objekt. Wenn es nicht gerade die Kölner Messehallen wären. So hat er in das falsche Objekt investiert.

Beklagtenanwalt Herr Sampels:

Es war von vornherein ein skandalumwittertes Objekt.

Die Vorsitzende erläuterte:

Das weiß ich nicht.

Beklagtenanwalt Herr Sampels:

Provisionen für Vermittlung ... sieben Millionen. Derart finaniell überzpgen.

Klägeranwalt Dr. Schertz:

Was kann er denn dafür.

Herr Sampels möchte etwas sagen. Herr Dr. Schertz schreit:

Ruhe. Köln ist ... . Die ganze Stadt ist ... . Fängt mit dem Müll an. Kölner Kl. .. .

Beklagtenanwalt Herr Sampels:

Ihr Mandant mischte fleißig mit.

Dr. Schertz schimpf. Richter Herr Kleffel gibt die Richtung vor:

Vorsicht! Es gibt ein öffentliches Interesse.

Dr. Schertz:

Was können die Zeichner dafür? Wo es doch unter zehn Prozent waren.

Darf mein ... ?

Die Vorsitzende:

Nicht, wer was gezeichnet hat.

Ihr Mandant ist exponiert, ist nicht irgendwer. Und er hat presserechtlich gesehen in ein falsches Objekt investiert.

Richter Kleffel präzisiert:

Wir wägen ab. Sprechen nicht von Verschulden.

Dr. Schertz:

Mein Mandant ist bekannt als Vorstands... .

Wen er begünstigt, welche Geliebte er hat etc. ist alles tabu.

Sie sagen die Grundregel, muss offengelegt werden? Ist hier gegeben. Überzeugt mich nicht.

Privatissimo hat er Geld investiert.

Die Vorsitzende:

Man darf sagen, AHA, DER AUCH.

Dr. Schertz:

Auch die Höhe?

Die Vorsitzende:

Ja.

Dr. Schertz:

Muss in das Hauptverfahren gehen.

Die Vorsitzende:

Sie haben in vielen Punkten Recht, doch das Ergebnis ist ein anderes..

Schertz:

Gut, dann nehme ich die Berufung zurück.

Die Vorsitzende:

Der Kläger wird des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert beträgt 205.000,00 EUR (kann mich verhört haben - RS)

Die Vorstellung mit Rechtsanwalt Dr. Schertz war zu Ende.

Im Büro angekommen, verstanden meine Kollegen nicht, warum ich so gut gelaunt war.

Spannende Fälle

Umstrittene Anwälte

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 10.12.09
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